Aller guten Dinge sind drei. Das erste ist eine Videoarbeit der bulgarischen Künstlerin Daniela Georgieva in der Taufkapelle der Kunstkirche Sankt Peter in Köln. Auf der dunklen Projektionsfläche öffnet sich ein (Tür-)Spalt, ein helles Licht leuchtet auf, nach einem Augenblick schließt sich der Spalt wieder, und es ist dunkel wie zuvor. Nach einiger Zeit beginnt dieser Ablauf von neuem. Die Künstlerin hat ihrem Werk den Titel „Remind me later“ („Erinnere mich später“) gegeben. Der Kurzsatz taucht typischerweise in Computerprogrammen auf. Die Schaltfläche mit dieser Aufschrift ermöglicht es dem Benutzer, einen Vorgang, den ihm das Programm vorschlägt, auf später zu verschieben. Das Video von Daniela Georgieva kann viele Gedanken auslösen, etwa: Da ist ein Licht, das mich erreichen will. Will ich es annehmen? Oder will ich es mit dem Gedanken „Jetzt nicht!“ lieber „wegklicken“ und seine Ankunft auf später verschieben? So oft ich aber „Remind me later“ wähle, ist dieses Licht im Hintergrund doch da und bringt sich wieder und wieder in Erinnerung.
Das zweite ist eine Alltagserfahrung: Manchmal gibt es zwischen Liebenden einen unerwarteten Blick des Einverständnisses, der sagt: Egal, was um uns herum vorgeht, wir sind uns einig, wir verstehen uns, wir wissen doch, was wir aneinander haben. Oder Menschen, von denen wir es gar nicht gedacht hätten, schenken uns eine unverhoffte Geste der Zuneigung oder des Trostes. Das sind Momente, in denen unvermittelt etwas aufleuchtet und gegenwärtig wird, das uns aus dem Alltag herausreißt und eine tiefere Wirklichkeit aufscheinen lässt. Planen, festhalten und konservieren lassen sich diese Augenblicke nicht. Sie können auch nicht empirisch überprüft werden, und doch ist uns unzweifelhaft gewiss, dass hier etwas Besonderes geschieht. Was darin aufleuchtet, ist trotz der Kürze des Moments nicht vorbei wie ein Feuerwerk. Die Liebe, die Zuneigung und der Trost bestehen weiter, untergründig oder ausgesprochen.
Auferstehen – wie das?
Das dritte ist ein kleines Stück aus einem großen Zusammenhang von Sinndeutungen des Lebens: Markus erzählt im Evangelium von einem einmaligen, schnell vergehenden Moment aus der Geschichte Jesu mit seinen Jüngern. Er steigt mit einigen von ihnen auf einen Berg. Plötzlich erscheint Jesus ihnen verwandelt, seine Kleider strahlen leuchtend weiß, Elija und Mose sind bei ihm, zwei prägende Gestalten aus der jüdischen Glaubenstradition, eine Wolke verändert schlagartig das Licht und eine Stimme aus der Wolke sagt einen einzigen Satz über ihn – und schon ist alles vorbei. Aber im großen Zusammenhang des biblischen Denkens ist klar: In diesem kurzen Moment ist eine Erfahrung Gottes geschehen. Der Berg, das Leuchten, Mose und Elija, die Wolke, die Stimme – das sind typische „Requisiten“ dafür. An Jesus ist etwas aufgeleuchtet, das auf Gott verweist. Darauf reagieren die Jünger mit Verwirrung, Bestürzung, Furcht.
Zum Abschluss der Erzählung sagt Jesus den Jüngern sinngemäß: Ihr könnt jetzt noch nicht verstehen, was da gerade geschehen ist, also redet vorerst nicht zu andern darüber. Wartet, bis ihr es im Zusammenhang meines Lebens verstehen könnt: „Später erinnern!“ Die Jünger nehmen den Denk-Impuls Jesu nicht schweigsam grübelnd auf, er bringt sie miteinander ins Gespräch, in das gemeinsame Bemühen zu verstehen. Jesus hatte von der Auferstehung des Menschensohnes gesprochen: „Dieses Wort beschäftigte sie, und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen“ (Mk 9,10).
Aller guten Dinge sind drei: Es ist gut, wenn wir aufmerksam werden für das, was in unserem Leben vorgeht, und wenn wir eine neue Sicht darauf geschenkt bekommen. Es ist gut, wenn wir Erfahrungen machen können, die uns mitten im Alltag auf etwas Größeres verweisen: auf den tragenden Grund unseres Lebens. Es ist gut, wenn wir unsere fragmentarischen Erfahrungen aus einem großen Sinnzusammenhang heraus verstehen und wenn wir Gesprächspartner haben, mit denen wir uns darüber austauschen können.