Mit seinen meist schmalen Büchern gehört der inzwischen in Berlin lehrende, aus Korea stammende Kulturwissenschaftler Byung-Chul Han zu den brillantesten Kritikern vorherrschender gesellschaftlicher Trends. In seinem Buch „Die Austreibung des Anderen“ ist es die vielfältig durchgespielte Leitthese, dass wir längst in einer (Un-)Kultur globalisierter Gleichmacherei leben. „Der Terror des Gleichen erfasst heute alle Lebensbereiche. Man fährt überall hin, ohne eine Erfahrung zu machen. Man nimmt Kenntnis von allem, ohne zu einer Erkenntnis zu gelangen. Man häuft Informationen und Daten an, ohne ein Wissen zu erlangen. Man giert nach Erlebnissen und Erregungen, in denen man aber sich immer gleich bleibt.“
Der und das Andere, die ja immer Gegenüber sind und durchaus störend sein können, werden vereinnahmt und grundsätzlich gleichgeschaltet. So kann wirkliche Kommunikation nicht gelingen. Es gibt dann „eigentlich nur gleiche Andere oder andere Gleiche“, auch in der Vielfalt der Moden und Stile; überall auf der Welt findet man beispielsweise dieselben Waren. Der Tod als das Andere schlechthin wird verdrängt oder lebenssüchtig überspielt – und kehrt durch die Hintertür etwa als Terror doch brutal wieder. Nicht Repression durch den Anderen, sondern Depression durch das Gleiche sei das Zeitzeichen von heute.
Hans messerscharfe Analysen sind sprachlich präzise und inhaltlich oft sehr erhellend in der deutlichen Nachfolge Theodor W. Adornos, aber auch Martin Heideggers. Bisweilen sind sie jedoch derart konzentriert und bestimmend, dass bei näherem Zusehen viele Rückfragen entstehen, weil bloßer Kulturpessimismus nicht weiterführt. Auch religiös und theologisch sind Hans kultur- und sozialphilosophische Diagnosen höchst anregend und herausfordernd: Denn Gott ist, wenn das Wort einen Sinn haben soll, der ganz Andere und der Nicht-Andere, in allem doch gegenüber, allem unendlich unterschieden.