Ich habe oft das Beten vernachlässigt. Aber ich habe mich nie ganz von dir entfernt: Hab mich unter deinem Mantel versteckt, dir zu Füßen gesessen, unter den Flügeln deiner Engel gewohnt, deine Lieder gesungen, deren Texte ich nicht verstand, deine Nähe geatmet, die Nabelschnur nicht durchtrennt. An der Schönheit deiner Kreaturen erfreute ich mich, deine Sonnenuntergänge betrachtete ich staunend und weinte über die misshandelte Natur. Ich habe dich in mir getragen, und du warst um mich herum. Ich fand dich in Kinderaugen, im müden Blick der Alten und in ihren zerfurchten Händen, in liebevollen Begegnungen. Ich wusste, was Schuld ist und wo sie mich packte.
Oft habe ich das Beten vernachlässigt. Aber auf meiner Zunge war dein Name und im Herzen die Liebe zu dir.
Martha Böttger