Unter Christen der orthodoxen Kirchen, in denen, anders als in den Westkirchen, weiterhin strenge Fastenzeiten und Fastenregeln gelten, die von vielen Gläubigen befolgt werden, breitet sich eine vegetarische oder sogar vegane Lebensweise aus. Das wird vor allem in der orthodoxen Diaspora beobachtet. Allerdings verzichtet man auf Fleisch, Wurst oder andere Produkte aus der Verarbeitung von Tieren weniger aus gesundheitlichen Gründen. Vielmehr spielt dabei die religiöse Überzeugung eine Rolle, dass die Tiere ebenfalls für die göttliche Schöpfungs- und Erlösungsordnung Bedeutung haben. Entsprechend soll der Mensch ihnen gegenüber fürsorglich handeln.
Einer der wichtigsten orthodoxen Denker der Gegenwart, der dieses Themenfeld behandelt, ist der Franzose Jean-Claude Larchet. Er hat ein Werk über die „Tiere in der orthodoxen Spiritualität“ verfasst (bei Editions des Syrtes, Genf). Für die orthodoxe Spiritualität sei der Verzicht auf Fleisch und somit auf das Jagen und Schlachten von Tieren eine Vorwegnahme der „neuen Welt“ nach dem Ende des Universums. Daher enthalten sich orthodoxe Mönche und Nonnen, die in ihrem Leben die neue Ordnung des endzeitlichen Christus vorbereiten wollen, jeder fleischlichen Nahrung. Das ist auch an der Tafel des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel so üblich.
Allerdings heißt es aus orthodoxer Sicht auch, dass sich ein allgemeiner Fleischverzicht aus religiösen Gründen in dieser Welt nicht einfordern lasse.