Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier kritisiert, dass „geltendes Recht nicht überall und durchgehend hinreichend durchgesetzt wird“. In der „Welt“ nannte er Beispiele für eine „Erosion der Rechtsstaatlichkeit“ in Deutschland. Neben der Missachtung der Dublin-III-Verordnung, die bestimmt, dass Flüchtlinge im ersten europäischen Anlaufland Asyl beantragen müssen, ging er vor allem auf Clankriminalität ein. Diese sei „über Jahre in den Großstädten hingenommen“ worden. Aber auch Skandale wie die Dieselaffäre könnten das Vertrauen in die Regierung nachhaltig schädigen. „Politik und Unternehmen haben über nahezu zehn Jahre geltendes deutsches und europäisches Recht schlicht ignoriert.“
Hätte solches Verhalten keine spürbaren Folgen, sieht Papier die „erhebliche Gefahr, dass das Vertrauen der Bürger in unser parlamentarisches Regierungssystem schwindet und der politische Verdruss wächst“. Ein demokratischer Rechtsstaat könne aber nur funktionieren, wenn die Bevölkerung sich als Teil eines Rechtssystems versteht, das für alle gleichermaßen gilt und an dem jeder mitwirken kann. „Wir müssen immer das Bewusstsein wachhalten und fördern, dass Staat und Verfassung nicht die Angelegenheit weniger sind, sondern uns alle angehen.“