Moskaus Patriarchen-Glückwunsch nach Kiew

Mit sehr wohlwollenden Worten hat der Moskauer Patriarch Kyrill I. den neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij zum Wahlsieg beglückwünscht. Der Fernseh-Kabarettist, Komiker, Produzent und Millionär hatte mit 72 Prozent der Stimmen den bisherigen Amtsinhaber Petro Poroschenko abgelöst. Kyrill I. sagte: „Sie haben die historische Chance, die Nation zu vereinen und einen persönlichen Beitrag zur Lösung wirtschaftlicher und sozialer Probleme im Land zu leisten und Wege zu finden, um die bestehenden Konflikte und Spaltungen zu überwinden.“

Der Patriarch spielt damit unter anderem auf den innerorthodoxen ukrainischen Kirchenstreit und die von Poroschenko massiv betriebene Abspaltung einer eigenen, vom Moskauer Patriarchat unabhängigen Nationalkirche des Kiewer Patriarchats an. Diese war neulich vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel als autokephal, also selbstständig, anerkannt worden.

Selenskij, der aus einer jüdischen Akademikerfamilie stammt, hat – wie es heißt – keine besondere Nähe zum Christentum, schon gar nicht zur orthodoxen Kirche. Aber er ist aufgrund seiner Herkunft und Bildung der russischsprachigen Kultur persönlich eng verbunden. Moskau erhofft sich von daher eine gewisse Entspannung im ukrainisch-russischen Konflikt, der das Land und die Bevölkerung spaltet. Da Kyrill und die russische Orthodoxie stark mit den Interessen Putins verbunden sind, deutet die kirchliche Vortast-Diplomatie darauf hin, nach der Besetzung der Krim und nach den separatistischen militärischen Interventionen in der Ostukraine Gesprächsmöglichkeiten auszuloten. Selenskij hat allerdings keinen Zweifel daran gelassen, wie sein Vorgänger die Ukraine stark Richtung Westeuropa auszurichten.

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