Er steht bis zur Hüfte im Wasser des Jordan, Jesus, der aus Nazaret – gerade war er ganz unter Wasser, untergetaucht, Taufe der Umkehr – da betet er. Beten ist Einkehr, dich üben in Hingabe und Umkehr des Lebens.
Da ging der Himmel auf. Die Erzählung des Evangeliums ist nicht als eine Reportage, sondern als ein erzählendes Gedicht verfasst: „Der Himmel“ ist Bildersprache für Gott in seiner Verborgenheit, in seinem unzugänglichen Licht. Sich öffnen heißt Gehör schenken. Gott öffnet.
Welcher Gott? Der Gott von „Im Anfang“, der sah, dass es gut, ja sehr gut war, der Gott von „Mensch, wo ist dein Bruder?“. Der von Mose, von den Zehn Worten am Sinai. Der, von dem bis heute geschrieben steht und gesungen wird, dass er Gott ist, über alle Machthaber mit ihren Heerscharen. Der niemandem liebedienert. Der uns zuruft: „Tu Recht und Erbarmen“ – der uns seinen Namen kundtat: „Ich werde da sein, für dich, fürchte dich nicht.“ Der Name, in dem jeder Mensch die eigene Lebensaufgabe erkennen möge. Dieser Gott öffnet und kommt mit seiner Geisteskraft, mit seinem Lebensatem, über den Menschen, der dort betet.
Huub Oosterhuis in: „Alles für alle“ (Patmos, Ostfildern 2018)