Zu den schönsten Wörtern unserer Sprache zählt Seelsorge: Die Seele lässt sich als unsere Verbindung zu Gott erahnen, und wer sich um die Seele sorgt – die eigene oder die eines Mitchristen –, ist ein „Mitarbeiter Gottes“ (vgl. 1. Kor 3,9). In einer Epoche freilich, in der die Grundworte des Glaubens auch für viele gutwillige Christen ihre Kraft und ihren Zauber einbüßen, gerät die Seelsorge an einen kritischen Punkt. Soll sie sich nicht in einem „als ob“, in einem leeren Ritualismus erschöpfen, gilt es, sich „überraschen zu lassen“. Dazu ruft Reinhold Bärenz auf, langjähriger Professor für Pastoraltheologie in Luzern und Rom.
Der Autor setzt bei der Erfahrung an, dass die Gottsuche einen „leeren Raum“ voraussetzt – in der Seele wie im Leben. Wer sich in der Geschwätzigkeit der Welt genüsslich eingerichtet hat, wird unsere Wirklichkeit niemals als ein Geheimnis und ein Geschenk annehmen können. Der wird sich auch nicht von der großen Geschichte, die das Christentum zu erzählen hat, „in Bewegung“ setzen lassen. Nicht zufällig verweist der Autor mehrmals auf Raimund Gregorius, den Protagonisten des Erfolgsromans „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier aus dem Jahr 2006. Eine beiläufige Begegnung, ein einziges portugiesisches Wort, hat den gediegenen Philologen aus seinem Alltagstrott hinausgeschleudert. Das konnte nur geschehen, weil Gregorius empfänglich für fremde Töne, für magische Worte war. Ist es nicht die vorzügliche Aufgabe der Seelsorge, den Sinn für solche Töne und Worte zu wecken?
Wie ein solcher Anspruch zu verwirklichen ist, wie die Seelsorge zu einer Entdeckungskunst wird, das zeigt Reinhold Bärenz in 26 Kapiteln, die man mit Gewinn durchdenken wie meditieren kann. „Wenn die Dinge für uns zu groß sind“, heißt ein zentrales Kapitel, das anhand der anscheinend altbekannten Emmaus-Erzählung das Christentum als „eine mystische Religion, eine Religion der inneren Erfahrung“ – und eben nicht in erster Linie als asketische Bewegung – charakterisiert. Die Mystik braucht jedoch eine Sehschule, die den Aufbruch, die Exodus-Situation, genauso einübt wie die Gelassenheit und die Poesie. Reinhold Bärenz entfaltet die Elemente einer neuen Seelsorge, die zu Herzen gehen soll, weil sie aus dem Herzen kommt, zugleich aus dem wachen Blick für den Zauber des Alltäglichen. Sein Buch bietet keine fertigen Rezepte, vielmehr kluge Ermutigungen: „Die Geschichten von den Wegen Gottes mit den Menschen sind immer Hoffnungsgeschichten.“
Die Mystik braucht jedoch eine Sehschule, die den Aufbruch, die Exodus-Situation, genauso einübt wie die Gelassenheit und die Poesie. Reinhold Bärenz entfaltet die Elemente einer neuen Seelsorge, die zu Herzen gehen soll, weil sie aus dem Herzen kommt, zugleich aus dem wachen Blick für den Zauber des Alltäglichen. Sein Buch bietet keine fertigen Rezepte, vielmehr kluge Ermutigungen: „Die Geschichten von den Wegen Gottes mit den Menschen sind immer Hoffnungsgeschichten.“