Gottesfurcht ist heute ein bisschen aus der Mode gekommen. Man soll doch keine Angst haben vor Gott, und das Bild des strafenden Gottes ist ohnehin ein veraltetes Erziehungsmittel, oder?
Nein, Angst soll und braucht man tatsächlich nicht zu haben vor Gott. Aber Furcht im Sinne von Ehrfurcht schon. Das weichgespülte Gottesbild, das wir heute oft haben und das uns einen gutmütigen Mann präsentiert, der nichts verlangt und alles gibt, das passt nicht zu der Radikalität der christlichen Botschaft … Der Glaube ist eben kein Narkotikum, kein Opium des Volkes. Christlich leben heißt, die Welt zu gestalten, den Wandel einzuleiten, wenn er nötig ist. Wir sind nicht mehr durch die Heidenangst paralysiert, sondern frei, die Dinge anzupacken.
Notker Wolf in: „Schluss mit der Angst“ (Verlag Herder, Freiburg 2017)