Das Böse und seine Gestalten zu über-lieben – nichts Geringeres als das hat sich der Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann zum Ziel gesetzt. Unterstützt wird er dabei von dem Journalisten und Rundfunkredakteur Jörg-Dieter Kogel, der als Stichwortgeber tätig ist. Der Untertitel des Buches nennt Drewermanns Hauptgedanken: Der Teufel sei ein „theologisches Relikt“. Doch in der katholischen Taufe soll immer noch durch die Exorzismusformel das Neugeborene vorm Zugriff des Teufels bewahrt werden. Angeblich glaubt jeder dritte Deutsche an den Satan. Papst Franziskus spricht ständig von ihm. „Man ist nicht recht katholisch, wenn man nicht an die Existenz des real vorkommenden, personengebundenen, im Teufel gegenwärtigen Bösen glaubt“, vermutet Drewermann. In der Neuausgabe des Weltkatechismus 1993 unter Papst Johannes Paul II. wurde gar der Exorzismus erneuert: „Manche Spötter meinen, am besten werde er … auf Lateinisch gesprochen, denn offensichtlich sind die Dämonen immer noch humanistisch gebildet…“ Drewermanns Schlussfolgerung: Derartiges gehöre mehr ins Kabarett als in die Kirche.
Die Vorstellung vom Teufel und der ewigen Höllenverdammnis ist aus Angst geboren. Sollte man sich aber nicht eher vor den Menschen fürchten, die an Beelzebub glauben? Von Vernunft oder gar Logik ist der Teufelsglaube jedenfalls völlig frei. Der allmächtige und gütige Gott könne doch nicht so unbarmherzig sein, einen Teil der Menschheit nach dem Tode leiden zu lassen und das in alle Ewigkeit!, meinte schon der Kirchenschriftsteller Origenes (185–254). Wie könne ein Mensch in Gottes Seligkeit eingehen, wenn er wüsste, dass sich andere in ewiger Qual befänden? Origenes’ Lehren wurden 300 Jahre nach seinem Tod von der Kirche verworfen, und seine Schriften sollten damals vernichtet werden.
Das Böse sei Bestandteil der göttlichen Schöpfung, trägt Kogel bei. Dass Böses geschieht, läge am Menschen. Doch wie überwindet man die Angst davor? Man nehme sich Jesus zum Vorbild: Er ist nach seiner Kreuzigung nicht ins Haus des Todes hinabgestiegen, sondern in die Hölle, was laut Drewermann heute niemand mehr zu sagen wagt, und hat dort die Verdammten herausgeholt. Es war sein Ziel, „all den Höllenbewohnern nachzugehen und sie herauszuholen aus dem Inferno“. So lautet die Erlösungsbotschaft Jesu, und seitdem sind Teufel und Hölle als Kontrollinstanzen überflüssig.
Ein spannendes und intelligentes Buch mit schlüssigen Argumenten. Ein echter Drewermann!