Das traditionelle Christentum von gestern ist wie ein „großes Schiff“, das zu Grunde sinkt. So hat der Prager Religionsphilosoph, Psychologe und Theologe Tomáš Halík, einst „Geheimpriester“ und Dissident im Kommunismus, die dramatische Lage insbesondere der katholischen Kirche beschrieben. In der Festansprache zur „Europa-Wallfahrt“ im österreichischen Mariazell erklärte der Präsident der Tschechischen Christlichen Akademie: „Wir sollten die Zeit nicht damit verlieren, die Liegestühle der Titanic hin und herzuschieben.“ Die Kirche täusche sich, wenn sie glaube, die „Stürme“ rund um den sexuellen Missbrauch und den erfahrenen Vertrauensverlust unverändert überstehen zu können. „Der Tod ist wichtig und unvermeidlich. Die Auferstehung ist nicht eine schlichte Rückkehr in eine Vergangenheit, zu einem vorherigen Zustand“, so Halík in seinem Vergleich.
Der Vorsitzende der österreichischen Ordensoberenkonferenz, Christian Haidinger, ehemaliger Abt des Stifts Altenburg, erklärte wiederum im Missionshaus Sankt Gabriel bei Wien: Wenn verheiratete Männer zur Priesterweihe in der lateinischen katholischen Kirche zugelassen wären, würden Ordensleute „an dieser Änderung keinen Schaden leiden“. Haidinger ergänzte: „Sind es nur aufmüpfige Christen und Christinnen, die die Weihebedingungen anfragen? Oder ist es doch das Wehen des Geistes?“ Sogar aus dem Vatikan kämen inzwischen Rufe nach mehr Frauen in kirchlichen Leitungspositionen. „Warum nicht auch als Priester?“, so Haidinger. „Seit sechzig Jahren begleitet mich nun die Bitte von Papst Johannes XXIII.: ‚Erneuere, Heiliger Geist, in deiner Kirche die Wunder wie in einem neuen Pfingsten!‘“