Für Steven Sloman und Philip Fernbach vollzieht sich Denken nicht in einer rein geistigen Sphäre, die mit dem materiellen Körper nicht verbunden ist. Vielmehr werden Informationen vom Gehirn und vom Körper aufgenommen und verarbeitet. Solche Informationen kommen nicht nur von Menschen, sondern aus der gesamten belebten und unbelebten Umwelt. Um die Fülle der Daten bewältigen zu können, wählt der Mensch bestimmte aus und erreicht so ein nur oberflächliches Wissen. Es reicht im Alltag normalerweise aus. Doch sollte man sich bewusst sein, dass man selbst über einfache Sachverhalte wenig weiß, so die beiden Kognitionswissenschaftler. Das demonstrieren sie anhand einer Vielzahl von – teils verblüffenden – Beispielen, von der Funktionsweise eines Fahrrades bis hin zum Funktionieren menschlicher Beziehungen.
Die amerikanischen Autoren schreiben verständlich, manchmal redundant. Auch sparen sie nicht mit Tipps für den Leser, wie er trotz der Datenfülle zu besseren Entscheidungen kommen kann. Die Ratschläge kommen zwar aus dem Finanzwesen, können mit einigem Nachdenken aber auf andere Sektoren übertragen werden.
Leser, die „Denken“ als hehre Tätigkeit auffassen, müssen angesichts der nüchternen Herangehensweise in den Kognitionswissenschaften buchstäblich umdenken. Zwar wissen auch klassische Denker um die Grenzen ihres Wissens. „Ich weiß, dass ich nicht(s) weiß“, soll Sokrates gesagt haben darüber, bei der Erkenntnis des „Guten“ längst nicht am Ziel angelangt zu sein. Eine solche moralische Zielsetzung ist jedoch nicht Sache der Kognitionswissenschaften. Sie beschränkt sich auf die „Mechanismen“ und „Prozesse“, „aufgrund derer wir wahrnehmen, denken und handeln“. Das ist durchaus von hohem praktischen Nutzen und trägt zum Beispiel dazu bei, das heiße Thema der Künstlichen Intelligenz besser verstehen zu können: Wenn Denken die Verarbeitung von (komplexen) Informationen bedeutet, dann unterscheidet sich menschliches Denken nur graduell vom Denken intelligenter Computer. Trotzdem zweifeln Forscher, dass Maschinen jemals so etwas wie „Gefühl“ oder „Bewusstsein“ haben können, geschweige denn ein Selbstbewusstsein mit der Fähigkeit, sich selbst beobachtend gegenüberzutreten wie der Mensch. Norbert Jachertz