Wir in der Kirche würden den Geist des Herrn leichter und machtvoller erfahren und entdecken können, wenn wir nicht Angst vor ihm hätten. Er ist zwar der Geist des Lebens, der Freiheit, der Zuversicht, der Hoffnung und der Freude, der Einheit und so des Friedens. Man sollte also meinen, der Mensch trage nach nichts mehr Verlangen als nach dem Heiligen Geist. Aber dieser Geist ist, um diese Gaben zu geben, der Geist, der immer wieder alle Grenzen sprengt, alles der Unbegreiflichkeit überantworten will, die wir Gott nennen, ist der Geist, der durch den Tod das Leben gibt. Kein Wunder, dass wir vor ihm Angst haben… Wir trauen ihm nur, soweit er schon übersetzt ist in Buchstabe, Gesetz, Tradition und erprobte Institution. Wir wollen, dass er sich an diesen Maßstäben messen lasse, durch sie sich ausweise als Heiliger Geist, während es doch umgekehrt sein müsste… Wir glauben nur in der Theorie, nicht aber in der Tat des Lebens, dass Gott die unendliche Unbegreiflichkeit ist, in die uns sein Geist hineinstürzen will.
Karl Rahner in: „Das große Kirchenjahr“ (Verlag Herder, Freiburg 1987)