Dass hierzulande Menschen in Scharen die Kirchen verlassen, heißt nicht, dass sie nicht weiterhin nach einem spirituellen Lebenssinn suchen. „Die religionskritische Fraktion der Säkularisten ist … verschwindend klein“, vermutet der Schweizer Journalist Simon Hehli.
Nur die wenigsten Menschen sind demnach wirkliche Atheisten in dem Sinn, dass sie an gar nichts glauben. Viele schließen sich nach dem Austritt aus der Kirche deshalb einer neuen „Glaubensgemeinschaft“ an. Dieser „Markt der spirituellen Sinnstifter“ sei stark fragmentiert, so Hehli. Es gebe unzählige Anbieter. Es sei kaum mehr möglich, den Überblick zu behalten. Die Inhalte tragen freilich oft deutlich fragwürdige Züge. „Kosmische Energie, Engel und Geister, die heilende Kraft von Steinen oder Pflanzen“, zählt Hehli in der „Neuen Zürcher Zeitung“ auf. „Große Überschneidungen gibt es auch zwischen Esoterikern und Verschwörungstheoretikern sowie Kritikern der ‚Schulmedizin‘. Dieser ist es zu verdanken, dass wir bei guter Gesundheit immer länger leben. Und doch lehnen viele Menschen Impfungen ab und vertrauen im Krankheitsfall auf Naturheiler oder Globuli, die keine Spur von Wirkstoffen enthalten.“
Dieses „irrationale“ Verhalten kann deshalb laut Simon Hehli nur zu einem Schluss führen: „Der Mensch ist ein suchendes und fühlendes Wesen, die nüchternen Naturwissenschaften befriedigen nicht alle seine Bedürfnisse.“ Letztlich sei allen spirituellen Angeboten, ob kirchlich oder esoterisch, eines gemeinsam: Sie helfen „fertigzuwerden mit der Zumutung der eigenen Vergänglichkeit“.