Weil Verdienste und Fehler von Menschen oft erst mit größerem zeitlichen Abstand bekannt werden, sollte man sich für Beurteilungen Zeit nehmen. Dazu hat der Chefredakteur der Münsteraner Kirchenzeitung „Kirche und Leben“, Christof Haverkamp, aufgerufen. Anlass für seine Mahnung ist der Fall des früheren Bischofs Reinhard Lettmann (1933–2013). Wie im letzten Herbst bestätigt wurde, hatte dieser in seiner Zeit als Generalvikar beim Umgang mit sexueller Gewalt gegen Kinder falsch reagiert. Unter anderem versetzte er einen Priester, der bereits wegen Missbrauchs verurteilt worden war, an einen anderen Ort – wo er weitere Straftaten beging. Haverkamp erinnert: „Inzwischen wird klar, dass er Missbrauchsfälle unter den Teppich kehren wollte, wie die Debatte in Datteln erkennen lässt. An seinem Heimatort war man stolz auf den berühmten Sohn des Ortes und hatte bald nach seinem Tod das Gemeindezentrum nach ihm benannt. Jetzt entschied sich der Pfarreirat nach intensiver Diskussion für eine Umbenennung.“
Der Fall lehre, bei der Bewertung der Vergangenheit „nicht vorschnell zu sein, sondern vorsichtig. Hinterher ist man oft klüger. Was wird man uns später vorwerfen? Dass wir zu wenig gegen Armut und Hunger getan haben? Dass wir vom Klimawandel gewusst, aber nicht reagiert haben? Oder etwas ganz anderes, an das wir heute noch gar nicht denken?“