Der französische Kurienkardinal Roger Etchegaray, der 96-jährig in Bayonne gestorben ist, genoss einen ausgezeichneten internationalen Ruf und große Sympathien über die Grenzen der Kirche hinaus. Das hatte vor allem mit seinem vielfältigen Engagement für Frieden und Gerechtigkeit zu tun. Etchegaray, der in einem kleinen baskischen Dorf geboren wurde, hatte nach seiner Zeit als Bischof der ethnisch und religiös bunten Hafenmillionenstadt Marseille (1970–1984) zunächst Sonderaufgaben der französischen Bischöfe übernommen, später vermehrt solche für den Vatikan. Sie erforderten sensibles diplomatisches Gespür. So traf er sich etwa mit dem Diktator Saddam Hussein im Irak, ging nach dem Genozid in Ruanda zum neuen Regierungschef oder ebnete im Hintergrund Wege für diplomatische Kontakte zwischen dem Vatikan und Peking.
Die Tageszeitung „La Croix“ ehrte den „vielfältigen Basken“ mit einem zweiseitigen Nachruf. In einem Interview hatte Etchegaray bekannt: „Meine Vorliebe für die Menschen und die Seelsorge hat mich oft dazu getrieben, Brüder und Schwestern zu treffen, die von der Kirche nicht geschätzt werden oder die sich außerhalb von deren Mauern befinden.“ Weil er dem Zentrum der Kirche so nahe sei, wisse er genau Bescheid über die Aussage des letzten Konzils, dass die Kirche eine stets zu reformierende sei. „Dafür habe ich gearbeitet, auf sehr diskrete Weise, ja, aber mit genauso großer Hartnäckigkeit.“ Einer seiner Leitsätze lautete: „Schaue niemals zurück, aber immer voraus.“