Das ist die Zwiespältigkeit des Fremden: Damit es produktiv werden kann, muss es angeeignet werden. Damit verliert es aber seine Fremdheit und wird vertraut. Wie kann man dem Fremden begegnen, damit es seine Fremdheit behält? Soll es das überhaupt? Oder ist es wie der Sauerteig, der das Brot zwar durchsäuert, aber dann nicht mehr von diesem unterscheidbar ist?
Kreativ, innovativ, neu wird es dort, wo Menschen die überlieferte Tradition und die eigene Erfahrung ernst nehmen. Das heißt: nicht anpassen und nicht fortlaufen. Nicht sofort eine Lösung haben wollen. Und ja, vielleicht auch nicht sofort mit sich im Reinen sein müssen. Friedrich Nietzsches „Zarathustra“ sagt: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Und dem Sänger von Psalm 31 hat Gott seine Füße „auf weiten Raum gestellt“. Selig die Menschen, die diesen weiten Raum unter tanzenden Sternen erwandern, denn sie werden Lebendigkeit ausstrahlen.
Christina Aus der Au aus: „Vom Wandern und Wundern“, hg. von Maria Herrmann und Sandra Bils (Echter, Würzburg 2017)