Christsein und die lange Reise in die Tiefe

„Wie können wir heute noch von Gott sprechen? Was wird kommen in den westlichen Ländern, in Europa, nach der Zeit, in der wir vielleicht zu selbstverständlich und oberflächlich das Wort ‚Gott‘ im Mund geführt haben?“ Danach fragte der Münchener Kardinal Reinhard Marx in einem Gottesdienst in der bayerischen Landeshauptstadt. Er antwortete mit einem Wort des tschechischen Soziologen und Religionsphilosophen Tomáš Halík: Es komme „eine lange, lange Reise in die Tiefe“. Womöglich beginne doch eine neue Epoche des Christentums, so Marx. Es wäre nicht allein damit getan, „das und jenes zu verändern“. Das Gottesverständnis des Do ut des, „ich gebe, damit du geben mögest“, jene alte „Austauschreligion“, das magische Verständnis des Opferns, sei an ihr Ende gekommen.

Die gegenwärtige geistige Krise sei mitgeprägt von wachsender Fundamentalisierung, die auch unter Christen zu beobachten ist. „Fundamental heißt: Wir brauchen keine Lehre von Gott, kein Denken, keine Aufklärung. Man muss dann eben glauben, fertig.“ Dann werde Kirche zu einer Institution, „die um sich selbst kreist und alles weiß, keine Fragen mehr braucht, keine Beratung, keine Wissenschaft“. Dagegen solle man etwas anderes setzen, so der Kardinal: „Wir beten und denken, denken und beten, ein denkendes Gebet und ein betendes Denken. Beten ist Aufklärung, nicht Verdunklung, nicht Verengung.“ Es solle den Menschen nicht „kleinmachen, sondern ihn frei machen zum eigenen Denken, dazu, die eigenen Erfahrungen zu reflektieren“.

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