Manche halten Literatur ja nur dann für gut, wenn sie „realistisch“ ist. Zuweilen kann aber genau das zum Problem werden. Dan Reehill, Priester im amerikanischen Nashville, hat angeordnet, dass sämtliche Harry-Potter-Bücher aus der örtlichen katholischen Schule entfernt werden. Seine Begründung: In den Geschichten um den Zauberlehrling sind echte Formeln zur Teufels- und Dämonenaustreibung zu finden. Er habe, so sagte es Reehill der „New York Times“, mehrere Exorzisten sowohl in Amerika als auch in Rom befragt. Diese hätten ihm versichert, dass etliche in den Romanen verwendeten Zaubersprüche wirkliche Gebete seien. Wenn sie ausgesprochen werden, bestehe das Risiko, böse Geister zu beschwören.
Üblicherweise sind es freikirchliche Eiferer, die gegen Harry Potter mobilmachen. Sie sehen die Gefahr, junge Menschen würden zu okkulten Praktiken verführt. Dass nun vor den Büchern gewarnt wird, weil sie angeblich echte, wirksame Sprüche enthalten, mit denen man versehentlich dunkle Mächte herbeiholen könnte, ist etwas Neues. Es zeigt, wie verbreitet magische Vorstellungen in der Kirche manchmal noch sind.
Margaret Renkl, Autorin der „Times“, schreibt zu dem Vorgang: „Ich hätte nie gedacht, dass es nötig sein könnte, deutlich zu machen, dass Harry Potter eine erfundene Figur ist und dass diese Bücher keine Anleitungen zur Zauberei enthalten. Harry Potter und seine Freunde gibt es nicht wirklich. Aber die Herausforderungen, mit denen sie in den Büchern fertigwerden müssen, die sind real: Mobbing, Ablehnung, Einsamkeit, Angst, Trauer – und ja, ahnungslose Erwachsene, die sich lächerlich machen.“