Der brasilianische Staatspräsident Jair Messias Bolsonaro, der wegen seiner Raubbaupolitik am Amazonas-Regenwald international am Pranger steht, hat am bedeutendsten Marienwallfahrtsort des Landes, in Aparecida, an einer Eucharistiefeier zu Ehren der Schwarzen Madonna teilgenommen – am hohen Festtag der „Erschienenen“ (= Aparecida), am 12. Oktober. Vom Besuch bei der Schutzpatronin der ganzen Nation erwartet sich der Katholik, der in dritter Ehe verheiratet ist und seit einem Jahrzehnt bevorzugt an Gottesdiensten baptistischer und pfingstlerischer sowie evangelikal orientierter Gemeinden teilnimmt, Zustimmung unter Katholiken zu finden.
Der Zeitpunkt des Aufenthalts am Wallfahrtsort war strategisch gewählt – parallel zur im Vatikan tagenden Amazonas-Synode. Diese lehnt Bolsonaro wegen der dort verhandelten Themen, insbesondere zur Ökologie und zum Schutz der Kulturen und Rechte der indianischen Eingeborenen, als linkslastig-sozialistisch strikt ab. Laut Beobachtern erhielt Bolsonaro von Gottesdienstbesuchern Beifall, wurde von weiteren Versammelten jedoch ausgebuht.
In einer Rede vor Ort erklärte der Staatspräsident, die Länder der Ersten Welt hätten es „auf die Indigenen, den Wald und die unterirdischen Reichtümer der Region“ abgesehen. Einige wollten, „dass wir ganz Amazonien in einen Öko-Park für die Welt verwandeln. Solange meine Regierung an der Macht ist, wird das nicht geschehen. Wir suchen nach Möglichkeiten, die Region zu entwickeln und gleichzeitig die Umwelt zu respektieren.“
Von Umweltschützern, Menschenrechts-Engagierten sowie Bischöfen wird Bolsonaro vorgeworfen, die staatliche Kontrolle über die Urwaldgebiete zu schwächen und illegale Landbesetzungen, Goldförderung mit giftigen Nebenwirkungen sowie Holzraub zu dulden, ja zu fördern. Die indianischen Völker seien dem Druck eindringender Siedler und internationaler Bergbau- wie Holzkonzerne ausgesetzt.
In zeitlicher Nähe zur Wallfahrt in Aparecida haben in Belem an der Amazonas-Mündung zwei Millionen Menschen an der Círio (de Nossa Senhora) de Nazaré, der Prozession unserer lieben Frau von Nazareth, teilgenommen. Bei diesem größten christlichen Fest Brasiliens, eine der größten katholischen Veranstaltungen der Welt, die jeweils am zweiten Sonntag im Oktober stattfindet, wird nach einem Gottesdienst in der Frühe eine Marienstatue auf einer Sänfte durch die Straßen von der Kathedrale zur Marienbasilika getragen und schließlich, begleitet von geschmückten Booten, über die Bucht gefahren. An die Statue ist ein 400 Meter langes starkes Seil gebunden, das die Gläubigen zu ergreifen versuchen, um durch diese Berührung auf magische Weise Heil zu erfahren, Vergebung der Sünden zu erlangen. Von der Kulturorganisation der Vereinten Nationen ist die Prozession ins immaterielle Weltkulturerbe aufgenommen worden.