Die Verharmlosung Jesu findet zurzeit auf vielen Feldern statt. Sie geschieht, wenn Jesus als ein etwas aus der Reihe tanzender Rabbi eingestuft wird oder als wort- und wirkmächtiger Prophet, der am Ende aber doch in die Reihe der vielen Propheten gehört, die es in der Geschichte gegeben hat…
Widerspruch ist aber vor allem fällig, wenn sich Christen so verhalten, als sei die Kirche eine Art Verein zur Bedienung religiöser Bedürfnisse. Auch das gehört in die lange Reihe der Verharmlosungen Jesu, denn das endzeitliche Gottesvolk, für das er am Ende starb, war von ihm anders gedacht…
Wenn Jesus der Logos Gottes ist, das letzte und endgültige Wort, das Gott gesprochen hat, das Wort, in dem Gott sich selbst ganz und restlos ausgesagt hat, dann ist Jesus uns allen und allen Zeiten immer weit voraus. Dann dürfen wir seine Gestalt nicht nach unseren zeitgebundenen Maßstäben modellieren – so lange bis sie unseren Vorstellungen entspricht. Dann können wir nur versuchen, ihm nachzufolgen.
Gerhard Lohfink aus: „Gegen die Verharmlosung Jesu“ (Herder, Freiburg 2019)