Nachdem Hunderttausende Studierende dagegen protestiert haben, hat die indonesische Regierung unter Präsident Joko Widodo ein Gesetzespaket gestoppt, mit dem das Strafrecht noch stärker den Regeln der Scharia angepasst worden wäre. Die Reform hätte außereheliche sexuelle Kontakte noch härter als bisher bestraft und die Blasphemiegesetze weiter verschärft. Indonesiens Bevölkerung wehrt sich massiv gegen eine solche staatliche Durchsetzung des Islamismus. Neben dem Druck der Straße wird auch befürchtet, dass Urlaubsgäste das Land meiden könnten. Australien, aus dem bislang ein Großteil der Reisenden kommt, hat bereits eine Reisewarnung veröffentlicht: Sowohl unverheiratete heterosexuelle als auch gleichgeschlechtliche Paare müssten befürchten, bei einem Aufenthalt in Indonesien strafrechtlich verfolgt zu werden.
Trotz des glimpflichen Ausgangs müsse der Vorgang für den Westen ein Anlass zum Nachdenken sein, fordert der Journalist Marco Stahlhut in der „Frankfurter Allgemeinen“. Die Vorstellung, in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt, gebe es eine gemäßigte Form des Islam, sei eine „Fiktion“. Man müsse sich eingestehen, dass unmittelbar nach der Demokratisierung vor mehr als zwanzig Jahren auch ein „Prozess der Fundamentalisierung“ eingesetzt habe. Stahlhut erinnert in dem Zusammenhang an den Fall des christlichen Gouverneurs von Jakarta, Basuki „Ahok“ Tjahaja Purnama, der vor zwei Jahren aufgrund eines gefälschten Videos der Blasphemie „überführt“ und ins Gefängnis geworfen worden war. Auch jetzt hätten sowohl die großen muslimischen Organisationen als auch die säkularen Parteien die geplante Strafrechtsreform nach Scharia-Regeln unterstützt. Mit ihnen solle man deshalb nicht zusammenarbeiten, so der Indonesien-Korrespondent.