Manche Städte haben Symbolcharakter. So steht Berlin für den Fall der Mauer oder Paris für den Hort der Liebe. In Indien wiederum ist die Großstadt Ayodhya im Bundesstaat Uttar Pradesh für viele Hindus die Geburtsstadt des Gottes Rama. Das Oberste Gericht hat nun ein Urteil von „immenser Bedeutung“ gefällt, wie die „Frankfurter Allgemeine“ schreibt. Die Richter haben einen jahrhundertelangen Streit zwischen Hindus und Muslimen beendet, indem sie den Rama-Verehrern das alleinige Recht auf ein Grundstück zusprachen, auf dem einmal eine Moschee stand. 1992 hatte ein hindunationalistischer Mob diese Babri-Moschee gewaltsam besetzt und schließlich zerstört, was die Muslime nicht hinnehmen wollten. Es folgten Unruhen, bei denen 2000 Menschen starben.
Zur Urteilsbegründung stützten sich die Juristen auf archäologische Funde und historische Berichte, wonach die Babri-Moschee wiederum auf einem alten Fundament errichtet wurde, das nichtislamisch sei. Der islamische Mogulkaiser Mir Baqi hatte die Moschee 1528 errichten lassen. Nach Ansicht vieler Hindus ließ er dafür einen alten Rama-Tempel an gleicher Stelle schleifen.
Der jetzige Rechtsakt ist als Sieg der hindunationalistischen Bewegung von Ministerpräsident Narendra Modi zu deuten. Muslimverbände fügten sich bisher der Entscheidung. Sie waren zunehmenden Aggressionen radikaler Hindus ausgesetzt und sind des Widerstands müde. Die Richter ordneten an, der islamischen Gemeinde ein anderes Grundstück für einen Moscheeneubau zuzuweisen. Doch laut FAZ ist dies „ein Feigenblatt“, das die eigentlichen Absichten verschleiert: Die Machthaber wollen Indien vollständig einem politischen Hinduismus unterwerfen.