Der argentinische Jesuit Juan Carlos Scannone, der 88-jährig gestorben ist, war ein Befreiungstheologe eigenen Typs. Anders als die stärker politisch orientierten Kollegen behandelte er die soziale Frage mehr unter kulturellen, genauer: volkskulturellen Gesichtspunkten. In seiner „Theologie des Volkes“ untersuchte er insbesondere die Kulturen und die Frömmigkeitsformen der einfachen Leute – welchen Sinn für das Gemeinwohl, für Frieden und Gerechtigkeit, welches Glaubensverständnis sie entwickelt und oftmals auf schlichte Weise eher bewahrt haben als die „Eliten“ der Ober- und gehobenen Mittelschicht.
Scannone hatte wie fast alle anderen Befreiungstheologen unter anderem in Westeuropa studiert und die hiesigen philosophischen Traditionen wie Dispute kennengelernt und in seine Werke aufgenommen. Es heißt, dass Papst Franziskus stark von Scannones theologischem Verständnis inspiriert ist.