„Ist das etwa fortschrittlich?“ Das fragt – fassungslos – der New Yorker Erzbischof und Kardinal Timothy Dolan angesichts eines Gesetzes, das Abtreibungen künftig bis zur Geburt erlaubt. Die neue Regelung im Staat New York sieht vor, dass eine Schwangerschaft selbst im neunten Monat noch abgebrochen werden kann, wenn die Gesundheit der Mutter gefährdet oder der Embryo nicht lebensfähig ist. Was genau unter der Gesundheitsgefährdung zu verstehen ist, wie streng oder nachlässig diese Grenze gezogen wird, sagt der Gesetzestext nicht.
Bislang waren Abtreibungen nach der 24.Schwangerschaftswoche in New York verboten. Eine Aufweichung hatten die Republikaner in beiden Parlamentskammern des Bundesstaates blockiert. Bei den Zwischenwahlen im November gewannen aber die Demokraten die Mehrheit. Sie setzten die Regelung jetzt durch.
New York gehörte in der Vergangenheit schon zu den Bundesstaaten mit den meisten Abtreibungen. Dies scheint ein besonderes Merkmal – keine Auszeichnung! – der sich gern liberal und modern gebenden Ostküstenmetropole zu sein. Denn laut der aktuellen Umfrage einer katholischen Laienorganisation wünschen sich drei Viertel der erwachsenen Amerikaner strengere Abtreibungsgesetze.
Unterdessen haben im nationalen Parlament, dem amerikanischen Repräsentantenhaus in Washington, etwa hundert Politiker aus beiden Parteien eine Gesetzesinitiative gestartet, um Spätabtreibungen durch eine nationale Regelung doch noch zu verbieten.