„Für wen komponieren Sie?“, wurde die weltberühmte Musikerin Sofia Gubaidulina im „Süddeutsche Zeitung Magazin“ gefragt. Ihre Antwort, kurz und bündig: „Für Gott. Auch für das Publikum, aber in erster Linie für Gott. Während ich komponiere, bete ich, nein, eigentlich spreche ich mit Gott.“ Musik habe die Aufgabe, „eine Gegenwelt zu erschaffen, die über den Alltag hinaus auf eine spirituelle Dimension verweist“.
Das sei, so Sofia Gubaidulina, bei allen Komponisten der Fall, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen oder gar nicht religiös sind. Wer Musik schreiben will, müsse aus der Stille Kraft schöpfen. „Und damit meine ich nicht nur das eigene kleine Leben, sondern die gesamte Schöpfung, die Sinnhaftigkeit des Universums. Es muss still sein, wenn man die Welt atmen hören will.“ Wer sich auf diese Stille einlässt, stoße dabei zwangsläufig auf religiöse Fragen. „Solange das Universum existiert, klingt es. Und wenn eine Seele ewig lebt, klingt auch sie.“ Leider lassen sich immer weniger Menschen auf diese transzendentale Dimension ein. „Jetzt bleibt uns nur noch die Erde, jetzt müssen wir uns selbst helfen.“
Sofia Gubaidulina, die während der Zeit der Sowjetunion streng überwacht wurde und deren Werke in ihrer Heimat lange verboten waren, beschreibt den Prozess des Komponierens als „mein Martyrium, mein Opfer“. Wenn sie Musik schreibt, trage sie „das Kreuz Jesu Christi“.