Eine große Versammlung von Vertretern der nationalen Bischofskonferenzen aus aller Welt wird in wenigen Tagen im Vatikan über Maßnahmen zum Kinderschutz und über die schrecklichen Verbrechen sexuellen Kindesmissbrauchs in der Kirche aufklären. In verschiedensten Debatten und Reformforderungen werden Besonderheiten des katholischen Amtsverständnisses wie die Verpflichtung von Priestern zur Ehelosigkeit im lateinischen Teil der römischen Kirche für die Untaten mitverantwortlich gemacht.
Dabei gerät aus dem Blick, dass die meisten Missbrauchsdelikte – über neunzig Prozent – in Verwandtschaftsbeziehungen stattfinden und dass auch in Kirchen ohne „katholisches System“ derart schwer gesündigt wird. Texanische Zeitungen berichten, dass mehr als 220 führende Kirchenvertreter des Südlichen Baptisten-Verbandes, der größten protestantischen Glaubensgemeinschaft der Vereinigten Staaten, für schuldig befunden wurden. Knapp vierhundert Pastoren und Kirchenhelfer sind seit 2000 unter Verdacht geraten. Die Vorwürfe seien glaubwürdig. Auch in weiteren unabhängigen baptistischen Gemeinden und Kirchen wird in Hunderten von Fällen ermittelt.
Im Unterschied zur katholischen Kirche, wo vermutlich doch homophile Neigungen den sexuellen Missbrauch – hier überwiegend an Jungen – fördern, sind in den baptistischen Gemeinden eher Frauen und Mädchen betroffen. Einige der Frauen erklärten, die in vielen – vor allem fundamental ausgerichteten – baptistischen Kirchen gepredigte patriarchalische Theologie schütze Pastoren vor Kritik und trage zu sexuellen Übergriffen und Vertuschung bei. Die Pastoren würden so behandelt, als wären sie als von Gott Auserwählte unantastbar. Diese Geistlichen nutzten ihre Macht und Stellung aus, um die Opfer zu manipulieren und zum Schweigen zu bringen.