Down-Syndrom-Tag: Mehr Hilfen, aber auch mehr Vorurteile

Eine „fast irrationale Angst vor dem Down-Syndrom“ beklagt Wolf-Dietrich Trenner. In den letzten Jahren habe sich viel getan, was die Förderung und Integration angeht, erklärte der Vorsitzende des Arbeitskreises Down-Syndrom Deutschland im Interview mit der „Katholischen Nachrichten-Agentur“. Die Bedingungen, ein Kind mit Down-Syndrom großzuziehen, seien „so gut wie nie zuvor“. Dennoch seien die Vorurteile sogar noch „viel stärker“ geworden. „Es heißt, diese Menschen seien dumm, sie störten im Unterricht und würden das Lernen von nichtbehinderten Mitschülern verlangsamen. Außerdem seien sie nicht in der Lage zu arbeiten und ließen sich nicht integrieren. Dabei werden die geistigen und körperlichen Fähigkeiten von Menschen mit Down-Syndrom häufig unterschätzt.“

Trenner äußerte sich aus Anlass des Welt-Down-Syndrom-Tags. Er findet immer am 21. März statt, in Anspielung darauf, dass bei Menschen, die von dem Gendefekt betroffen sind, das 21. Chromosom dreifach statt doppelt vorhanden ist (Trisomie 21). Etwa drei bis vier Prozent der Bevölkerung haben diesen Typus, in Deutschland leben rund 40 000 Menschen mit Down-Syndrom.

Der Vertreter des Selbsthilfegruppe will vor allem Eltern Mut machen, das Leben mit einem solchen Kind zu wagen. Heute ist es nämlich so, dass sich nach der entsprechenden Diagnose neun von zehn Frauen für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Experten befürchten, dass diese Zahl sogar noch steigen wird, nachdem der Bluttest auf das Down-Syndrom zur Kassenleistung geworden ist (vgl. CIG Nr. 39/2019, S. 421). Um dem entgegenzuwirken, müsse besser aufgeklärt und beraten werden, fordert der Tübinger Moraltheologie Franz-Josef Bormann. Die rein medizinischen Fakten würden Ärzte heute meist umfassend vermitteln. Die damit verbundenen ethischen, sozialen und psychischen Fragen kämen dagegen zu kurz, schreibt Bormann in der „Zeitschrift für medizinische Ethik“ (1/2020): „vor allem die Beratung bezüglich der Folgen der Befunde für die Schwangere selbst und ihre Familie, der Vorbereitung auf ein Leben mit einem behinderten Kind, der Vermittlung weiterführender Hilfen sowie der Kontaktmöglichkeiten zu anderen Betroffenen und Selbsthilfegruppen“. Langfristig warnt der Fachmann zudem, dass es durch die weitere Verbreitung der Tests zu einer „schleichenden gesellschaftlichen Veränderung im Blick auf die Toleranz gegenüber und die Solidarität mit bestimmten Behindertengruppen kommt“.

Die meisten Ängste und Vorurteile seien unbegründet, sagt Wolf-Dietrich Trenner. Zwar räumt er ein, dass „ein solches Kind mit besonderen Eigenschaften“ die Eltern vor gewisse Herausforderungen stelle. „Der Lebensweg wird etwas steiler und anstrengender.“ Aber er erinnert auch daran: „Zu glauben, dass das Leben mit einem gesunden, nichtbehinderten Kind keine Anforderungen bedeuten kann, ist doch recht blauäugig.“

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