Die Corona-Epidemie ist weit mehr als nur eine medizinische und logistische Herausforderung. Sie bringt vielmehr unser Selbstverständnis ins Wanken, ist die Journalistin Hannah Bethke überzeugt. In der „Frankfurter Allgemeinen“ schreibt sie: Die Epidemie „konfrontiert die wohlstandsgesättigte Gesellschaft mit Verordnungen, welche in ihre Freiheit eingreifen und die bis dahin unvorstellbare Möglichkeit aufzeigen, es könnte uns nicht immer alles zur Verfügung stehen, was wir gerade konsumieren und erleben wollen.“
Das sei eine verstörende Erfahrung, weil die Gesellschaft verlernt habe, wie man mit Mangel und erzwungener Enthaltsamkeit umgehen kann. Deshalb zeige sie aktuell auch „nicht gerade ihre besten Seiten, wenn sie auf die neue Situation mit Verschwörungstheorien, irrationaler Angst und egoistischen Hamsterkäufen reagiert. Der Umgang mit dem Coronavirus demonstriert mehr als jeder Massenansturm auf ein begehrtes Konsumobjekt, wie sehr die Gesellschaft den Kapitalismus einverleibt und mit ihrer Identität verknüpft hat – und wie hilflos sie schon dasteht, wenn das System nur vorübergehend löchrig wird.“