Im letzten Jahr haben sich in Belgien erneut mehr Menschen mit ärztlicher Unterstützung das Leben genommen: 2655 Personen. Seit Legalisierung der aktiven Sterbehilfe 2002 ist die Zahl ständig gestiegen, zuletzt besonders deutlich: um mehr als zwölf Prozent. Die Erlaubnis der Tötung Kranker auf Verlangen schafft also tatsächlich, wie vorher gewarnt, mehr und mehr „Nachfrage“. Ein Großteil der Patienten sei älter als sechzig Jahre gewesen, die meisten hatten schwere und unheilbare Krankheiten, teilte die zuständige Prüf-Kommission mit.
Die Grenzen für aktive Sterbehilfe sind in Belgien sehr weit gefasst. Unter anderem ist sie auch bei psychischen Leiden und für Minderjährige erlaubt. Zudem wird regelmäßig über eine noch größere Öffnung diskutiert, etwa für ältere Menschen ohne schwere Krankheit. Soeben beschloss das Parlament zudem, dass die entsprechenden Patientenverfügungen künftig unbegrenzt gültig sind. Bisher mussten sie nach Ablauf einer gewissen Frist erneuert werden. Sterbehilfe wird somit wieder ein Stück „einfacher“ und dem Zwang zur erneuten Gewissensprüfung entzogen.
In den Niederlanden, wo die gesetzliche Regelung ähnlich freizügig ist, hat sich die Einstellung der Bevölkerung zu Tod und Sterben bereits stark verändert. Das beobachtet der Ethiker Theo A. Boer. „Da hat sich etwas verschoben“, sagte er in der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“. „Ursprünglich wollten wir den Menschen vor einem schrecklichen Sterben bewahren. Inzwischen wollen wir ihn von einem schrecklichen Leben erlösen.“