Der Sozialdemokrat Franz Müntefering bezeichnete 2005 den Parteivorsitz als „das schönste Amt neben dem Papst“. Hätte er damals gewusst, welch schwere Bürden der heutige Papst seit sieben Jahren zu tragen hat, hätte er seinen fröhlichen Vergleich wohl nicht gewagt. Denn was der italienische Journalist und profunde Kenner innervatikanischer Verhältnisse Marco Politi an offener Feindschaft und geheimer Niedertracht von Männern der Kirche gegenüber dem ersten Jesuiten auf dem Stuhl Petri zusammengetragen hat, das hat es in der Kirchengeschichte selten gegeben.
Der Autor hat seine Beobachtungen und Analysen „Das Franziskus-Komplott“ genannt. Das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet Verabredung zu einem Verbrechen, zu einer moralisch verwerflichen Handlung. Der Duden sieht darin die „geheime Planung eines Anschlags gegen eine Regierung, auch eine Privatperson“. Starker Tobak. Und doch führt das Buch zahlreiche Belege dafür an. Es benennt hohe Kleriker, auch Kardinäle, die bei dem Skandal sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen vertuschend zusammenhielten. Der Autor vergleicht das mit der „Omertà“, also der Schweigepflicht von Mitgliedern der Mafia und ähnlicher krimineller Organisationen. Bei Angriffen gegen Papst Franziskus dagegen tritt dieses Netzwerk von „Hirten der Kirche“ offen, laut und dogmatisch frech auf.
Wer dieses aufwühlende Buch über den „einsamen Papst und seinen Kampf um die Kirche“ – so der Untertitel – liest, stolpert, wenn er im apostolischen Credo die „eine heilige, katholische und apostolische Kirche“ bekennt. „Und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde“, betet der Priester mit der Gemeinde direkt nach den Vaterunser-Bitten. Die Gegner des argentinischen Papstes, dessen zentrales Anliegen die Botschaft von Gottes Barmherzigkeit und Zärtlichkeit ist, werfen ihm, dem anscheinend „Fremden“ vom „Ende der Welt“ im Geflecht des Vatikan, nicht nur Verwirrung vor, sondern die Sünde der Häresie, also der Abweichung von der Lehre der Kirche. Sie steigerten sich sogar bis zur Anklage der Apostasie, also des Abfalls vom rechten Glauben. Franziskus, so berichtet Politi, habe einem katholischen Journalisten anvertraut: „Es gibt eine Gruppe von Priestern, die für meinen Tod betet.“
Der Verfasser versucht zu verstehen, warum der „einsame Papst“ mit seinem Schreiben „Amoris laetitia“, das nach den beiden Synoden über Ehe und Familie die Beratungen zusammenfasste, aus tiefer Sorge um ein Schisma seiner Kirche eher ein Zauderer denn ein radikaler Reformer geworden ist. Die Synoden hätten „deutlich werden lassen, dass Franziskus unter den Bischöfen der Welt keine starke Mehrheit besitzt“.
Dass Papst Franziskus, den Politi „einen zähen Kämpfer“ nennt, die Heilige Woche und das Fest der Auferstehung Christi in diesem Jahr ohne sichtbares Volk Gottes erleben muss, diese Prüfung dürfte den Seelsorger Jorge Bergoglio allerdings tiefer schmerzen als jeder noch so heftige Angriff seiner Gegner.