Kommunikation in Corona-ZeitenMasken-Rede

Gesichtsmasken können andere vor Infektionen schützen, erschweren aber die Kommunikation. Keine Mimik, kin Flüstern – unter einer Maske muss man Klartext sprechen. Das kann auch eine Chance sein.

Nun also noch die Masken. Zumindest bis ein Impfstoff gegen das Corona-Virus gefunden ist, sollen die Menschen – zusätzlich zu den geltenden Kontaktbeschränkungen – in der Öffentlichkeit Mund und Nase bedecken. Was in Asien schon länger und grundsätzlich zum Straßenbild gehört, kommt einem hierzulande fremd vor. Als es noch internationale Großereignisse gab, vor zwei Monaten die Berliner Filmfestspiele etwa, wurden die wenigen Maskenträger dort zum Teil argwöhnisch und ängstlich angeschaut. Inzwischen hat man sich daran gewöhnt. Ja, mehr noch: Bald wird derjenige unter Rechtfertigungsdruck stehen, der keine Maske trägt. All dies soll dem Schutz vor allem der sogenannten Risikogruppen dienen, der Älteren und der Menschen mit Vorerkrankungen. Getreu der seit Wochen geltenden paradox klingenden Formel: Rücksicht, Verbundenheit und (innere) Nähe müssen sich in diesen Ausnahmezeiten eben gerade dadurch zeigen, dass man Abstand hält, sich voneinander entfernt.

Das Gefühl, Teil eines Science-Fiction-Films zu sein, wird nach einer Weile vorbeigehen. Einfach weil das Leben hinter der Maske künftig „das neue Normal“ ist, wie es letzte Woche in der „Zeit“ hieß. Der Mensch ist schließlich ein Gewohnheitstier. Doch wie verändert sich unsere Kommunikation durch die Masken? Alles wird erstmal mühsamer, warnen Experten. Worte werden gedämpfter, möglicherweise verzerrt – und das bei ohnehin größerer Entfernung zwischen den Gesprächspartnern. Man wird lauter sprechen müssen, der andere wird öfter nachfragen, man muss das Gesagte womöglich wiederholen. Wie sagt man da etwas „im Vertrauen“? Wie gehen Psychotherapie und Beichte? Hinzu kommt der Verlust der ganzen Zwischentöne: die Mimik, die half, Aussagen in ein anderes Licht zu setzen, womöglich humorvoll, ironisch abzumildern. Zur offenen Kommunikation gehörte in unseren Breiten bislang, das Gesicht des anderen zu sehen. Auch aus diesem Grund wurde ja die islamische Komplettverschleierung zumindest bei offiziellen Anlässen – vor Gericht, in der Schule – so heftig diskutiert. Nun kommt die Gesichtsverhüllung für alle.

Vermutlich werden wir unsere Worte künftig sorgfältiger wägen, wenn wir wollen, dass sie beim anderen auch wirklich ankommen. Das aber muss kein Nachteil sein. Die Masken-Kommunikation zwingt zu mehr Klarheit, und das könnte zum Beispiel auch den kirchlichen Reformdiskussionen helfen: Wollen die Verantwortlichen eine Kirche, die sich zur Gleichberechtigung der Frau bekennt, zum wertschätzenden Umgang mit „abweichenden“, auch gescheiterten Lebensläufen? Sagen, was ist, heißt das Gebot der Stunde. Und nicht mehr wie bisher bloß ein paar warme, aber folgenlose Worte nuscheln. Die können getrost die Masken schlucken.

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