Es sind verstörende Bilder von den ersten Gottesdiensten, die nach der Lockerung des Versammlungs-Verbots stattgefunden haben – „gefeiert wurden“, mag man dazu nicht sagen. In die Kirchen rein durfte nur, wer sich vorher eine Zugangskarte gesichert hatte. Es bestand Schutzmasken-Pflicht, Handschuhe wurden getragen. Überall gab es Abstandshalter, markierte Laufwege, jeder musste allein für sich in der Bank sitzen. Friedensgruß, gemeinsames Singen – Fehlanzeige. Bei der Kommunion stand der „Spender“ hinter einer Plexiglasscheibe… Wenn selbst diese außerordentliche Form dem einen oder anderen Trost vermittelt hat, mag das für sie oder ihn persönlich gut sein. Grundsätzlich muss man jedoch ins Grübeln kommen. Ist es das wert? Ist es ein „besser so als gar nicht“? Oder wäre nicht eher dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige zuzustimmen, der sich gegen eine allzu schnelle Rückkehr zu öffentlichen Gottesdiensten unter diesen Bedingungen ausgesprochen hat? „Wenn wir als Kirche … mit nur wenigen so sonderbar Liturgie feiern, braucht man sich nicht zu wundern, wenn wir allmählich in Gefahr geraten zu ‚versekten‘“, erklärte er. Der Würzburger Bischof Franz Jung setzt einen ähnlichen Akzent. Weil er die Eucharistie „schützen“, ihre „Feiergestalt“ bewahren will, gibt es in seinem Bistum zunächst „nur“ Wort-Gottes-Feiern – und eben keine Eucharistie unter Corona-Bedingungen, an die man sich am besten gar nicht erst gewöhnt.
Noch weiteres, was sich kirchlich in den letzten Wochen etabliert hat, ist kritisch zu hinterfragen. So bekam mancherorts der Klerikalismus neuen Aufwind, etwa durch die sogenannten Geistermessen, bei denen Priester privat, allein, einen Gottesdienst feierten und dies dann im Internet übertrugen. Auch schien es manchen vor allem darum zu gehen, den Menschen in irgendeiner Form das eucharistische Brot zukommen zu lassen. Das führte zu teils abenteuerlichen Konstruktionen („Eucharistie to go“). Oder aber den Gläubigen wurde huldvoll gesagt, sie seien ausnahmsweise von der Sonntagspflicht befreit, könnten aber geistlich kommunizieren.
Allerdings sind auch Dinge gewachsen, die „nach Corona“ hoffentlich bleiben. Zu denken ist an die vielen alternativen Feierformen, die im virtuellen Raum oder auch nur auf Abstand Gottes Gegenwart erfahrbar machten. Oder die Initiativen, sein Wort an ungewöhnlichen Orten zu verkünden, etwa im Autokino. Und festzuhalten wäre auch an der neuen ökumenischen Zusammenarbeit, die es an manchen Orten gab, bis hin zu gemeinsamen Osternachtfeiern im Regionalfernsehen. Da war plötzlich, in der Not, möglich, was sonst nicht ging. Es sollte nach der Krise nicht einfach wieder unter den Tisch fallen.