Wenn Glauben zum Aberglauben wird

In Krisenzeiten wie gegenwärtig wächst unter den Menschen die Neigung zum Aberglauben. Das beobachtet der Wiener Theologe Gunter Prüller-Jagenteufel. Anfällig dafür seien insbesondere betont konservativ oder traditionell orientierte Gläubige. Dabei trete vielfach ein „Kinderglaube jenseits aller Rationalität“ in Erscheinung, wonach Gott „nach Belieben Naturgesetze ein- und aussetzt“. Diese Vorstellungen hätten jedoch mehr mit Magie und Esoterik als mit einer rational verantwortbaren Religion zu tun. Eine derartige naiv-religiöse Grundhaltung könne geradezu zu einem „Zerstörer der christologischen Glaubensbasis“ werden, insofern sie „das Bekenntnis, dass in Christus Gott ganz Mensch geworden ist“, auflöst. Die menschliche Natur Christi sei demnach nur Schein, der Leib nicht real. „Gott hat die menschliche Natur nicht ‚angenommen‘, sondern ‚überwunden‘, im Sinne von ‚für nichtig erklärt‘“.

Mit dem evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer könne man einen solchen theologischen Rückgriff nur als „Verzweiflungsschritt“ verstehen, der „mit dem Opfer der intellektuellen Redlichkeit“ erkauft wird. Gott sei jedoch kein „Lückenbüßer“, der immer dort handelt und herbeigerufen werden kann, wo der Mensch nicht weiterweiß.

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