SeelsorgenotstandWie verwaist

In der Krise zeigt sich was fehlt, wenn Priester und Seelsorger nicht mehr auf Menschen zugehen. Aber war das vor der Krise wirklich anders?

Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch“, heißt es in einer Abschiedsrede Jesu im Johannesevangelium. „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Die letzten Wochen wären ein Prüfstein für die Wahrheit dieser Rede gewesen. Aber die geistige und geistliche Heimat wirkte vielfach wie verwaist, der Mittelpunkt entrückt, selbst bei offenen Gotteshäusern. Die Bistümer haben riesige Kommunikationsapparate mit viel Personal aufgebaut. Aber als es darauf ankam, war von echter geistig-geistlicher Kommunikation wenig zu spüren, selbst wenn Livestream-Gottesdienste übertragen und Gebetsvorschläge für daheim verbreitet wurden. Auf Webseiten standen völlig veraltete Pfarrbriefe, manchmal nur mit der knappen Anmerkung: „Fällt aus“, „Fällt aus“, „Fällt aus“. Keine substantiellen Hinweise, wie es weitergeht.

Selbstverständlich haben die Geistlichen Gespräche geführt, waren sie keineswegs in Kurzarbeit gezwungen wie Millionen andere. Manche, die sich mit IT auskennen, haben Instagram, Youtube oder andere Netzwerke genutzt. Trotzdem blieb das Bemühen bescheiden. Die Älteren, Kirchennähesten, wissen sich dieser Medien eher nicht zu bedienen. Kurzum: Wo war, wo ist wirklich der geistig-geistliche Beistand für die Vielen? Wo ist der in der Person Christi handelnde und heilende Priester als Repräsentant des priesterlichen Christus?

Sagen wir es deutlich: Seelsorge fand und findet in der ganzen Breite aller Getauften und gerade unter religiös eventuell Suchenden gar nicht statt, trotz überquellender Terminkalender. Das war schon vor Corona ein Problem: Wer vom Kirchenvolk hat jemals einen Priester per Hausbesuch zu Gesicht bekommen? Wo kann ein Pfarrer bei immer größeren territorialen Einheiten den Seinen überhaupt noch persönlich nahe sein? Eigentlich hätte ein Seelsorger wenigstens per Telefon seine Gemeindemitglieder anrufen können. Doch woher die Zeit? Papst Franziskus greift, wie es heißt, manchmal spontan zum Hörer. Die letzten Wochen haben gesteigert die Dramatik des Priestermangels offenbart, das Elend einer Kirche, die weitgehend bloß passiv abwartet, statt aktiv auf die Menschen zuzugehen, auf die, die noch irgendwie mit dabei sind, und auf jene, die mehr als nur 1,50 Meter Distanz halten. Anscheinend berührt das die Bischöfe immer noch zu wenig, die lieber religiöse Verwahrlosung hinnehmen und verwalten, statt Rom zu bestürmen, über priesterliche Reformen endlich zumindest die Voraussetzungen für eine aktive Seelsorge, für die heute notwendige Haus-Seelsorge in echten Nahbereichen zu schaffen. Diese verlangt sogar das Kirchenrecht, Kanon 529.

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