Den Schlüssel zum Verständnis dieses Bandes mit exegetischen Arbeiten des Jesuiten Ansgar Wucherpfennig liefert der Untertitel „Pluralität der Theologie im ersten Christentum“. Es handelt sich um ein starkes Plädoyer für die Wertschätzung von Vielheit und für ein verantwortetes Verständnis von Pluralität, das sich aus dem Neuen Testament gewinnen lässt. Beides wird vor allem am Beispiel der Evangelien dokumentiert.
Einen Schwerpunkt der Aufsatzsammlung bildet die Frage nach einer theologischen Beziehung zwischen dem ältesten und dem jüngsten neutestamentlichen Evangelium. Dabei leitet den Autor die faszinierende Idee, dass das Johannesevangelium die Leser des ältesten Evangeliums in den Blick nahm, nicht um Markus zu überbieten, aber um Bezug auf Altbewährtes zu nehmen und die theologische Botschaft zu verdichten. Auf ebenso eingängige wie bestechende Weise macht Wucherpfennnig nachvollziehbar, wie sehr es dem Anliegen des Johannes entspricht, den Glauben der Markus-Lesenden zu vertiefen.
Den Aspekt der Pluralität holt der Aufsatzband lehrreich ein, indem er außerdem die theologische Programmatik nachzuzeichnen versucht, die sich aus der kontrastreichen vierfachen Darstellung des Lebens Jesu durch die Evangelien ableiten lässt. Nicht zuletzt die Variabilität der neutestamentlichen Verkündigung öffne, so folgert Wucherpfennig im Anschluss an Ernst Käsemann, den Sinn für die innere Weite und Vielfalt des Urchristentums. Darin einen wichtigen Impuls für heutige Theologie und Verkündigung zu erkennen, ist ein Herzensanliegen des Verfassers. Wer sich dieser Spurensuche anschließen möchte, findet in dem Buch zahlreiche Impulse und Hinweise, die exegetisch solide dargeboten und in einladender Frische zur nachhaltigen theologischen Diskussion gestellt werden.