Der Augsburger Religionspädagoge Georg Langenhorst, neuerdings auch als Autor katholischer Kriminalromane bekannt, legt fünfzehn überarbeitete Aufsätze aus zwei Jahrzehnten seiner Forschung im Bereich „Theologie und Literatur“ vor. Im Zentrum steht die Frage, in welcher Weise religiöse Motive in der Literatur der Gegenwart vertreten sind – und was theologisch daraus zu machen sein könnte.
Die leicht zugänglichen Beiträge widmen sich Einzelthemen und ihren literarischen Verarbeitungen: liturgischen Elementen, der Beichte, dem Topos des Himmels und der Vollendung… Im Abschnitt über das Motiv Sehnsucht, um ein Beispiel zu nennen, werden Gedichte von Ulla Hahn, Nelly Sachs und Hilde Domin analysiert. Die meistgenannten Autorinnen und Autoren sind im Übrigen Heinrich Böll, Friedrich Christian Delius, Hans Magnus Enzensberger, Peter Handke, Felicitas Hoppe, Thomas Hürlimann, Andreas Knapp, Michael Krüger, Sibylle Lewitscharoff, Kurt Marti, Hanns-Josef Ortheil, Amos Oz, Ralf Rothmann und Martin Walser.
Vorgeschaltet ist ein längeres Kapitel zur Verhältnisbestimmung von Literatur und Theologie. Für Langenhorst sollte dies eine eigenständige Disziplin sein, die dialogisch vorgeht. „Dialog“ zwischen Theologie und Literatur kann dabei wohl nur im bildhaften Sinn verstanden werden. Ist doch die Theologie eine wissenschaftliche Diskursform, die sich der Wahrheit Gottes für die Menschen widmet, die Literatur dagegen eine Kunstform, die – salopp gesagt – tut, was sie will.
Wenn Langenhorst die der Literatur gewidmeten theologischen Methoden zusammenfasst, drängen sich Fragen auf: Bedarf es wirklich eines gesonderten „hermeneutischen Systems“? Und worauf zielt die wiederholte Warnung vor der „Vereinnahmung“ der Literatur? Liegt nicht das Problem eher in weit ausgreifenden Deutungen ohne entsprechende literarische Kompetenz und ohne Nähe zum Text? Aber warum sollten Theologen nicht Literatur lesen und die Lesefrüchte in ihre Arbeit hineintragen? Sofern sie die Würde und Autonomie der Kunst achten, ist das völlig legitim – insbesondere dann, wenn sie von den gelesenen Texten „ergriffen“ sind. Dass Langenhorst mehrfach das Berührende und Erschütternde von Lektüreerfahrungen betont, liefert den schönen Hinweis, dass über das Verhältnis von sinnlich-ästhetischem Erleben und religiöser Erfahrung – die wohl weder identisch noch völlig verschieden sind – noch weiter nachzudenken ist.