Angesichts der hohen Austrittszahlen in der aktuellen Kirchenstatistik heißt es manchmal, es komme nicht auf die konkreten Mitgliedszahlen an, sondern nur auf die Verkündigung des Evangeliums. Diese Einstellung sieht der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Wolfgang Huber, kritisch. Im Magazin „Chrismon“ berichtete er: „Einen Pfarrer, der mir das erklärte, fragte ich: Wenn Sie mit Ihrem Kirchengemeinderat einen Jahresplan machen, was nehmen Sie sich vor? Er sagte: Es sollen mehr junge Leute in den Gottesdienst kommen. Ich: Und wie überprüfen Sie das am Ende des Jahres? Er: Das überprüfen wir nicht. – Ich habe ihm gesagt, dass die Bemühungen folgenlos bleiben, wenn man sich dieser Qual entzieht.“ Die Zahlen seien die Rahmenbedingung, damit die Frohe Botschaft verkündet werden kann.
Huber erinnert sich auch an den letzten Reformversuch der Evangelischen Kirche, der 2006 mit dem Impulspapier „Kirche der Freiheit“ begann. „Fünf Jahre nach der Veröffentlichung stieg das Kirchensteueraufkommen stark an – da wirkten die Maßnahmen gegen die Finanzmarktkrise – und viele meinten: Ein Glück, jetzt brauchen wir keine Reform mehr. Eine dramatisch verpasste Chance!“