Der liebende Gott Jesu, der jeden Menschen annimmt, trägt im Alten Testament oft deutlich gewalttätigere Züge. Daran erinnerte der Wiener Bibelwissenschaftler Roland Schwarz bei der österreichischen Pastoraltagung in Salzburg. Wenn Gott ganze Städte vernichtet, die vor den Israeliten fliehenden Amoriter mit Hagelsteinen erschlägt oder Kinder töten lässt, sei das aus heutiger Sicht „schwer auszuhalten“. Dabei ist das Gottesbild der Bibel an vielen Stellen „unterschiedlich und widersprüchlich“. So wird Abrahams Opferbefehl im letzten Moment widerrufen, andere Menschenopfer werden aber zugelassen. Dass sich im Alten Testament so verschiedene – friedliche wie gewalttätige – Texte nebeneinander finden, heißt für Schwarz, „dass nicht alles für uns gleich bedeutsam sein kann“. Moderne Christen stehen damit vor der Aufgabe, die Bibelstellen mit den Lehren des Neuen Testaments zu vergleichen, um herauszufinden, was „Gott für die Gegenwart will“.
Auch Militärbischof Werner Freistetter erklärte, es sei nicht immer leicht zu verstehen, was die alttestamentlichen Texte über militärische Konflikte und drakonische Strafen für kleinste Vergehen mit dem christlichen Gott der Liebe zu tun haben. Dabei müsse Jesus als historischer Fixpunkt begriffen werden, der „einen Weg aus der Gewalt eröffnet“ hat. Die biblischen Schriften zeigen dabei nicht nur „die Endstation, sondern den ganzen Weg“ einer „langsamen Herausführung aus dem Denken in Kategorien von Gewalt und Gegengewalt“. Wie die Jünger erkennen mussten, dass mit dem Osterwunder nicht alle Gewalttätigkeit aus der Welt verbannt wurde, muss auch die Kirche den Widerspruch zwischen dem versprochenen Reich des Friedens und den realpolitischen Herausforderungen der Gegenwart meistern. Dazu gehört für den Militärbischof einerseits, das staatliche Recht auf „sittlich erlaubte Verteidigung“ gegen feindliche Mächte anzuerkennen, und andererseits sich für eine friedliche Zukunft einzusetzen. So lobte Freistetter Papst Franziskus, der in seiner jüngsten Weltfriedensbotschaft vor der nuklearen Aufrüstung gewarnt hat.