Die Entscheidung Israels und der Vereinigten Arabischen Emirate, diplomatische Beziehungen aufzunehmen, gründet vor allem in wirtschaftlichen Interessen. Das vermutet der in Abu Dhabi residierende Apostolische Vikar und Kapuzinerpater Paul Hinder. Der Bischof von Arabien sieht beide Seiten „über ihren Schatten gesprungen“. Die Annäherung zwischen Jerusalem und Abu Dhabi sei „in diskreter Weise“ seit Jahren eingeleitet.
Hinder bewertet die Annäherung als einen wichtigen „Schritt in Richtung Normalisierung der Beziehung zwischen der arabischen Welt und dem Staat Israel“. In die „seit vielen Jahrzehnten blockierte Situation“ sei Bewegung gekommen. Die Emirate wissen, dass sie nicht mehr lange auf ihren Ölreichtum bauen können. Sie haben starkes Interesse an der israelischen Hochtechnologie, auch im biomedizinischen und IT-Bereich.
Laut Hinder gibt es seit jeher jüdisches Leben in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wenn auch „auf einem bescheidenen Niveau“. Beim geplanten abrahamitischen Zentrum in Abu Dhabi sei auch eine Synagoge vorgesehen. Zwar gebe es viel Antisemitismus in arabischen Ländern, doch sei er „vor allem eine Folge der Gründung des israelischen Staates und der damit verbundenen teilweisen Vertreibung der Palästinenser“. Hinder hat den Eindruck, dass jetzt „ein Umdenken“ beginnt.
Die Kritik der palästinensischen Führung am Abkommen und insbesondere an den Emiraten, deren Diplomatie als Verrat gesehen wird, hat wiederum der palästinensische Politikwissenschaftler und Friedensaktivist Mohammed Dajani kritisiert. Die Palästinenser sollten versuchen, die Vorteile zu sehen, statt „alle Türen zu schließen“, sagte er der Zeitung „Jerusalem Post“. Dajani wünscht sich, dass mehr arabische Länder in den Friedensprozess einbezogen werden. „Wenn die Palästinenser gute Beziehungen und Brücken in die arabischen Länder bauen, statt die Emirate zu dämonisieren, könnten sie etwa die Emirate nutzen, um Druck auf Israel in Sachen Friedensprozess auszuüben.“ Insgesamt äußerte sich der Gelehrte skeptisch gegenüber der palästinensischen Linie, jegliche Normalisierung mit Israel abzulehnen. „Wenn man die strategische Entscheidung getroffen hat, dass man Frieden will, dann kann Frieden nicht ohne Versöhnung geschehen und Versöhnung nicht ohne Normalisierung.“