PhilosophieWeltgeist

Georg Wilhelm Friedrich Hegel wäre dieses Jahr 250 Jahre alt geworden. Seine Philosophie gibt bis heute Fragen auf.

Gut“ und „Schlecht“ sind nicht immer klar zu unterscheiden. Oder genauer: Gerade der größte Schmerz, das schlimmste Leiden können vorantreiben. Die Auseinandersetzung mit Negativem kann Positives befördern, Energien freisetzen. Alkoholiker und Drogenabhängige, die ihre Sucht überwunden haben, wissen das.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel – in diesen Tagen wäre er 250 Jahre alt geworden – hat aus dieser Einsicht seine ganze Philosophie gewonnen. Nicht nur das Kleine und Private, sondern das große Ganze sah er von einem Weltgeist durchwoben, der alles irgendwie zum Guten hinsteuert. Das Unvereinbare muss aufeinanderprallen, damit Neues, Höheres daraus hervorgeht. Weltgeschichte als Fortschrittsgeschichte! Das hat es in sich: „Es ist vor allem das Negative, das den Weltgeist nach vorn in die Zukunft peitscht, sein Lebenselixier sind Gewalt und Zerstörung, es sind blutige Schlachten und große historische Feindschaften, die ganze mörderische Rivalität der Völker und Nationen“, schreibt Thomas Assheuer in der „Zeit“ und zeigt daran kritisch die Problematik von Hegels Theorie. Braucht es „notwendige“, ja „sinnvolle“ Opfer der Geschichte? Und wann vollendet der Weltgeist dann endlich sein Werk?

Noch vor dreißig Jahren war der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sicher, dass mit dem Ende des Ost-West-Konflikts ewiger Frieden und Wohlstand bevorstünden. Er sah in Demokratie und Kapitalismus gleichsam das Ende allen Leidens – ausgehend vom liberalen Vorzeigeland Amerika. Das war falsch. Der entfesselte Markt hat wenige ganz reich gemacht, viele bleiben arm und abhängig. Dazu kommt der Terrorismus, der auch eine Reaktion auf westliche Großtuerei ist. Ausgerechnet in der freiheitlichsten demokratischen Weltmacht regiert rüpelhaft und prahlsüchtig ein Präsident, dessen Winkelzüge vielen Zeitgenossen als unberechenbar erscheinen. Assheuer resümiert in der „Zeit“: Die USA „demolierten die Hoffnung auf eine kooperative Weltordnung, die dem nationalen Egoismus Grenzen setzt.“ Hier geht es nicht um Antiamerikanismus, sondern um die Erkenntnis, dass wir mit Urteilen über die „richtige“ Gesellschaftsordnung zurückhaltend sein sollten. Die Wege des Weltgeists sind undurchschaubar, ja vielleicht gibt es ihn überhaupt nicht. Im schlimmsten Fall hätten unser Leben und Leiden keinen Sinn, und wir müssten uns mit Friedrich Nietzsche fragen: „Wohin bewegen wir uns?…Stürzen wir nicht fortwährend?“

Jesus kennt einen „anderen Beistand“, den „Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird“ (Joh 14,16f.). Nicht Weltgeist ist das, sondern Heiliger Geist.

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