Neben sexuellem Missbruch von Ordensfrauen durch Priester oder andere „Vorgesetzte“ kommt zunehmend ans Licht, wie sehr vor allem junge Novizinnen durch Obere zu strikter Unterwürfigkeit erzogen und dafür mit vermeintlichen Vorrechten „belohnt“ werden. Zum Beispiel mit einer beruflichen Bildung. Das hat der an der päpstlichen Gregoriana-Universität tätige Jesuit Giovanni Cucci, Professor für Psychologie und Philosophie, in seiner Ordenszeitschrift „La Civilta Cattolica“ angeprangert. Nicht selten würden der Enthusiasmus und das Vertrauen junger Novizinnen ausgenutzt, „die ein großes Herz haben, aber auch anfällig für Manipulationen sind“.
Skrupellose Vorgesetzte würden zum Beispiel willkürlich darüber entscheiden, wer eine Ausbildung aufnehmen oder fortsetzen darf, als wäre dies „eine Art Preis, der den Loyalsten und Nachgiebigsten verliehen wird und diejenigen ausschließt, die anders denken“. Manchmal werden für die Gehorsamsleistung auch Familienmitgliedern der Betroffenen Gefälligkeiten angeboten. Nicht selten kontrollieren Obere zudem in unangemessener Weise eigenmächtig die Gelder der jeweiligen Ordensgemeinschaft beziehungsweise des entsprechenden Instituts.
Bedenklich ist für Cucci außerdem die gängige Praxis, junge Ordensfrauen, die etwa aus armen Familien ohne soziale Aufstiegschancen kommen, in fremde Länder zu verfrachten beziehungsweise in reichere Staaten ohne eigenen hinreichenden Ordensnachwuchs zu „exportieren“ und dort als „Aushilfen“ zu benutzen, statt ihnen die bestmögliche Ausbildung in ihrem Herkunftsland zu garantieren. Diese jungen Frauen seien in dem neuen Land oftmals nicht in der Lage, für sich selbst einzustehen, weil sie die dortige Sprache nicht beherrschen. Das Ordenshaus empfinden sie dann nicht als Gemeinschaft, sondern als „Gefängnis“, das sie nicht verlassen dürfen.