Wie kaum ein anderer Ort ermöglicht die Natur religiöse Tiefenerfahrungen und spirituelle Transformation… Inmitten der Natur kann sich der Mensch der göttlichen Kraft, die in allem wirkt und webt, gewahr werden. „Das Antlitz der Natur ist ein Ausdruck der Andacht. Wie die Gestalt Jesu steht sie da mit geneigtem Haupt und den Händen über der Brust gefaltet. Der glücklichste Mensch ist derjenige, der von der Natur die Verehrung lernt“, schreibt der Schriftsteller Ralph Waldo Emerson (1803–1882) in seinem Essay „Natur“.
Der biblische Gott scheint geradezu eine Vorliebe dafür zu haben, Menschen in der Natur zu begegnen. Die Psalmen sind voll von Gottesbegegnungen auf Bergen, in Wüsten oder auf dem Wasser… Mose traf beim Hüten der väterlichen Schafe auf Gott. In einem brennenden Dornbusch, aus dem Gottes Stimme ihm zurief: „Leg deine Schuhe ab. Der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.“ Der sprechende Dornbusch verkündete Mose, dass er sein Volk aus der Knechtschaft in die Freiheit führen werde. Was für eine Geschichte! Gott, der durch einen gewöhnlichen Dornbusch spricht!
Christa Spannbauer/Annika Behrendt in: „Den Herzschlag der Natur spüren“ (Verlag Herder, Freiburg 2020)