Christen kennen einen Friday for Future schon lange. Es ist der Tag der Kreuzigung Jesu, der auch durch den Ostersonntag nicht aufgehoben wird, eher in ihm geborgen. So symbolisiert das Kreuz die tiefste Erniedrigung wie die hellste Hoffnung des Menschen. „Das Wesen des Kreuzes ist seine Widerständigkeit“, stellt der Privatdozent und Schriftsteller Uwe Wolff fest, um ausgehend von diesem Grundsatz die Dimensionen des Kreuzes mit den Dimensionen unseres Lebens zu verflechten.
Dass viele menschliche Wege Kreuzwege sind, Pläne durchkreuzt werden und unser Glaube im Angesicht des Kreuzes bedenklich wackelt – das erfährt jeder in seinem Leben. Gleichwohl bleibt das Kreuz anstößig genug, die Anknüpfungspunkte scheinen unerschöpflich. „Jesus starb nicht am Kreuz“, so etwa die Überzeugung des Koran. Und schon Jahrhunderte zuvor schien einem antiken Karikaturisten die christliche Verehrung des Kreuzes eine riesige Eselei zu sein: Ein entsprechendes Spottkreuz, entstanden um 200, gilt als die älteste Darstellung des Gekreuzigten. Man darf also darüber staunen, dass das Christentum trotz all dieser Widerborstigkeit niemals vom Kreuz gelassen hat, sondern dass das Wort vom „Baum des Lebens“ durch alle Epochen weitergetragen wurde. Wird das so bleiben?
Anders als der Titel signalisieren könnte, ist Uwe Wolffs Band keine Polemik. Es finden sich darin neun „Anstöße“, die auf eine vielfältige und höchst originelle Weise das Symbol des Kreuzes buchstabieren. Dazu zählt das „Opfer“, ein zentraler Begriff der Religionsgeschichte, der mittlerweile zu den unbequemsten Erbstücken gehört. Außerdem geht es um das Kreuz, das aus politischen Gründen zu einem allzu schlichten „Zeichen des Sieges“ umgedeutet wurde. Weitere Themen sind die Apokalypse und das Ende der Welt. Der Autor erzählt, auch von seinem eigenen Leben, assoziiert, berührt dabei nicht selten die Mystik, manchmal auch die Esoterik. So wird der Leser am Ende nicht jeden Satz unterschreiben wollen. Und doch legt man das Buch höchst bereichert aus der Hand. „Medizin der Unsterblichkeit“, so nannten die Kirchenväter das Kreuz. Eine kühne Metapher, ein Blick in das unruhige Herz des Christentums.