Von der Nazi-Ideologie sowie der entsprechenden Politik sah sich die christliche Gesellschaftsvorstellung und Ethik massiv herausgefordert. Der Moraltheologe Konrad Hilpert beschreibt diese Provokationen und arbeitet eine Typologie der verschiedenen moraltheologischen und sozialethischen Ansätze heraus.
Der umfangreiche Band – 45 Beiträge von mehr als zwanzig Autorinnen und Autoren – orientiert sich insbesondere an folgenden Fragen: Wie reagierten Moraltheologen und Sozialethiker auf die Nazi-Ideologie und verschiedene Geschehnisse? Nahmen sie in ihren Vorlesungen und Publikationen einen klaren Standpunkt ein, oder wichen sie den akuten Fragen der Zeit aus? Auf welche Weise reflektierten sie die nationalsozialistische Weltanschauung und die daraus resultierenden Gräueltaten?
Das Leben und das publizistische Wirken namhafter Moraltheologen und Sozialethiker der damaligen Zeit wird in gut zwanzig Abhandlungen anschaulich dargestellt. Dazu kommen kürzere biografische und bibliografische Skizzen. Zwar möchte der Band möglichst viele Persönlichkeiten der untersuchten Disziplinen vorstellen, wegen der schwierigen Quellenlage konnten jedoch nicht alle berücksichtigt werden.
Dabei werden auch Doppeldeutigkeiten sichtbar. Der Kirchenhistoriker Dominik Burkard beschreibt zum Beispiel, wie Thomas von Aquin für das Recht des Staates auf Tötung in Anspruch genommen wurde, wie die Autorität des Kirchenlehrers andererseits aber ebenso die Gegenargumente stützte und stärkte. Ein Verzeichnis des moraltheologischen Lehrangebots an akademischen Ausbildungsstätten zwischen 1933 und 1945 gibt wiederum wichtige Einblicke in die Forschungstätigkeit. In den voneinander abweichenden moraltheologischen Ansätzen spiegelt sich so manche doppeldeutige Haltung von Kirche und Theologie wider. Ein Personen- und ein Ortsregister ergänzen den Band.