Bürger aus Ländern, die von der orthodoxen Kirche geprägt sind, haben ein größeres kulturelles Selbstbewusstsein, ja fühlen sich anderen Nationen sogar überlegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des renommierten amerikanischen Pew-Instituts. Die Forscher hatten den Leuten die Frage vorgelegt: „Glauben Sie, dass Ihre Kultur besser ist als die der Menschen anderswo?“ In Ländern Ost- beziehungsweise Südosteuropas wurde dies eindeutig bejaht: etwa in Griechenland, Georgien und Armenien, wo die Zustimmungsrate jeweils zwischen achtzig und neunzig Prozent lag. Aber auch in Russland, Bulgarien, Bosnien, Rumänien und Serbien haben mehr als zwei Drittel der Befragten diese Überzeugung. Wesentlich niedriger sind die Werte in West- und Mitteleuropa. In Deutschland etwa äußerten demnach 45 Prozent einen besonders ausgeprägten kulturellen Stolz, in Spanien nur zwanzig Prozent.
Weil es augenscheinlich keinen Zusammenhang zwischen der Wirtschaftsleistung und dem kulturellen Überlegenheitsgefühl in den Ländern gibt, neigen die Wissenschaftler dazu, die Rolle der Kirche in den jeweiligen Gesellschaften verantwortlich zu machen. Denn das Selbstbewusstsein ist gerade dort besonders ausgeprägt, wo es starke orthodoxe beziehungsweise orientalisch-orthodoxe Nationalkirchen gibt, die als entscheidender Träger der jeweils heimischen Kultur angesehen werden.