Ob jemand an Gott glaubt oder nicht, hängt entscheidend von einer Kirchenmitgliedschaft und der eigenen Familie ab. Das sagt der Religionssoziologe Gert Pickel in der Zeitschrift „Lebendige Seelsorge“. Wenn jemand an Gott glaubt, ist das keineswegs etwas vereinzelt Individuelles, sondern grundgelegt im Eingebundensein in eine Kirchengemeinde oder in Gemeinschaft mit Eltern und Geschwistern.
Pickel spricht von der „sozialen Gestalt des Religiösen im Diesseits“. Man müsse die „tröstende Kraft“ des Glaubens „irgendwie gelernt haben“. Als Beispiele nennt der Autor „erfolgreiche Weihnachtsgottesdienste für die ganze Familie, Chöre, Übergangsriten unterschiedlicher Art (zum Beispiel Taufe, Firmung, Konfirmation, Trauung; d. Red.), Kirchenkaffees“. Der Glaube an Gott sei vor allem bei denen zu finden, die sich selbst als religiös sozialisiert einschätzen, mit einer Kirche verbunden fühlen und ihr vertrauen, religiöses Wissen besitzen. Auch der Besuch des Gottesdienstes, gemeinsame religiöse Erfahrungen und das Reden über Religion sind bedeutsam. Der Glaube brauche „Sozialisation, Kommunikation, Geschichten und Bekenntnis.“ Es ist nicht so, dass jemand nach einem persönlichen Erweckungserlebnis an Gott glaubt und dann vielleicht in eine Kirche eintritt. Vielmehr umgekehrt: „Vor allem die religiöse Sozialisation erklärt den Glauben an Gott“.
Zudem ist Pickel überzeugt, dass die Annahmen der Säkularisierungstheorie „empirisch immer stärker zutreffen“. Diese besagt, dass Religion mit zunehmender Modernisierung des Lebens weiter zurückgeht. Ausgehend von eigenen statistischen Berechnungen stellt er fest, es gebe in Deutschland mit einem knappen Drittel „eine wachsende Zahl an Menschen, welche nie an Gott glaubten, weil sie vermutlich auch nie mit ihm in Berührung kamen“. Zudem werde der Glaube selbst unschärfer, vager. Es „wird schnell erkennbar, dass Glauben etwas Plurales wie auch manchmal Temporäres ist, was zum Beispiel in Krisenzeiten aktiviert wird, sonst aber im Hintergrund steht. Nicht nur gibt es Glauben trotz Zweifel, sondern auch eine immer wieder wechselnde Glaubenssicherheit und Glaubensunsicherheit.“
Lediglich ein Fünftel bejaht für sich einen „festen Glauben an Gott“, ein Viertel stimmt zu bei „Gott befasst sich mit den Menschen“. Die stärkste Verbreitung eines Gottesglaubens findet sich unter freikirchlichen Christen und Muslimen. Ein klares Nein zu allen Formen des Glaubens gibt es vor allem unter den Konfessionslosen mit mehr als der Hälfte.