Die Wohlstandsgewinner der amerikanischen Gesellschaft meinen, dass sie ihren Erfolg nur sich selber verdanken. In dieser Auffassung – und nicht nur in den stetig immer weiter auseinanderdriftenden materiellen Vermögensverhältnissen – sieht der in Harvard lehrende politische Philosoph Michael Sandel ein Hauptproblem, weshalb es nicht gelingt, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Schichten und Klassen zu erreichen. In der „Süddeutschen Zeitung“ weist Sandel auf die religiösen Ursprünge dieses Denkens hin: „dass weltlicher Erfolg eine Belohnung Gottes ist“. Die Puritaner hätten die Idee formuliert, „dass die Tugendhaften mit Erfolg und Gesundheit belohnt werden“.
Bei dieser „Verdienst“-Ideologie werde jedoch vergessen, welche Rolle Glück und Schicksal spielen. Die Erfolgreichen würden ihre Verdienste mit einer enormen „Überheblichkeit zelebrieren“. Dabei verdrängen sie gern, „was sie der Gesellschaft schulden, der sie angehören und die die Voraussetzungen für ihren Aufstieg geschaffen hat“.
Das sei, so Sandel, auch der Grund, warum die Amerikaner vielfach „den Bezug zum Gemeinwohl verloren haben“. „Wir glauben, dass wir alles alleine geschafft haben, dass wir vollkommen selbständig handeln. Je stärker wir die Welt so sehen, desto weniger können wir uns in andere hineinversetzen.“