Im dreißigsten Jahr der deutschen Einheit legt der Berliner Philosoph und Theologe Thomas Brose einen Bericht über sein Christsein in der DDR vor. In einer Gesellschaft, in der sein Glaube gemäß der marxistisch-leninistischen Religionstheorie als „bewusstseinsmäßig zurückgeblieben“ galt, wurde ihm die Arbeit in der Berliner Katholischen Studentengemeinde zum seelischen Anker. Dort war es möglich, in einer geistig bleiernen Zeit offen zu sprechen: über Kunst, Geschichte, Philosophie, Theologie und vor allem auch über Politik. „Nicht wenige von denen, die im Herbst 1989 mutig auf die Straßen gingen, haben freies Denken zuerst in den evangelischen und katholischen Studentengemeinden gelernt.“ Der Autor widersteht dabei der Versuchung, die Kirchen einseitig als geschlossen-konspirative Widerstandsgruppen zu beschreiben.
Bewegend schildert Brose den Abend des Mauerfalls als religiöse Erfahrung: „Wer als gläubiger Mensch ganz unten angekommen ist, wird sich nicht wehren, die Rettung aus höchster Not als ,Wunder‘ zu bezeichnen.“ Sein, wie er es nennt, „Durchboxen“ zu Glaube und Kirche in DDR-Zeiten lässt ihn auch heute vertrauen, dass das „Gerücht Gott“ (Robert Spaemann) weder auszurotten ist noch verstummen wird.
Lesenswert ist auch ein Abschnitt über den Atheismus. Brose zeigt auf, dass ein heutiger Religionskritiker wie Richard Dawkins ähnlich argumentiert wie die DDR: pauschal und voller Vorurteile. Brose dagegen eröffnet einen Glauben, der Schwernisse nicht beiseite schafft, sondern durchzustehen hilft: ganz ohne PR-Kirchensprech, gegründet in eigener Erfahrung.