Religiöse Erziehung ist keine Einbahnstraße. Albert Biesinger beschreibt eigene Erfahrungen: „Ich selbst bin durch unsere Kinder intensiver Christ geworden, haben sie doch durch ihre religiösen Fragen – nicht zuletzt auch bei unseren jahrelangen gemeinsamen Abendritualen in der Familie – meinem Leben auch emotional einen tiefen Sinn erschlossen und mir geholfen, neu und anders über mein Leben nachzudenken.“ Mit seinen Kindern habe der Religionspädagoge seine Gottesbeziehung vertieft.
Biesinger ermuntert Eltern, Kindern von Anfang an religiöse Orientierung zu vermitteln und mit ihnen gemeinsam im Glauben zu wachsen. „Kinder führen ihre Eltern durch Spontaneität und Querdenken oft wieder zurück an die Quellen der eigenen Religiosität.“ Was in diesen Momenten realisierbar ist, beschreibt der vierfache Vater anhand zahlreicher Erfahrungen aus der Zeit, als seine Kinder noch klein waren: Abendrituale gestalten, die Feste im Kirchenjahr feiern, gemeinsam beten, eine Kerze in der leeren Kirche entzünden, sich gegenseitig segnen, Geschichten aus der Bibel lesen, Gottesdienst mitfeiern und über den Glauben sprechen.
Dazu gehört auch, Kindern zu vermitteln, dass Gott nicht immer nur „lieb“ ist, dass es Leid gibt, das Gott eben nicht einfach ausschaltet. Biesinger erzählt von eindrücklichen Situationen aus seiner Arbeit als Notfallseelsorger und kommt zu dem Schluss: „Gott haut nicht ab, wenn es dunkel wird.“ Für die Zeit, in der der Nachwuchs in die Pubertät kommt, empfiehlt der Autor, mit ihnen gemeinsam „Gott entgegenzuzweifeln“ und ihnen „Reibungsfläche“ in Fragen des Glaubens zu bieten.
Biesinger, der neunfacher Großvater ist, gibt jungen Eltern die Anregung, Kindern zu vermitteln, dass sie bei Gott unbedingt erwünscht sind; das sei die beste Grundlage für die Glaubensentwicklung. Zwei Kapitel zeigen, wie das Weihnachtsfest und das Osterfest in der Familie mit einfachen religiösen Feiern gestaltet werden kann. Schließlich bietet ein Kapitel noch Möglichkeiten für Kindergärten, Schulen und Gemeinden, um Familien in der religiösen Praxis zu unterstützen.
„Wo Kinder sind, ist Gott schon da“, ist ein sehr persönliches Buch. Es enthält zahlreiche Verweise auf weitere Titel Biesingers, damit Väter und Mütter bei Bedarf Vertiefung zu den jeweiligen Themen finden. Das Buch ist illustriert mit farbigen Abbildungen von Patchwork-Arbeiten von Beate Biesinger, der Ehefrau des Autors. „Unser Leben ist oft wie Patchwork“, schreibt er, zusammengesetzt „aus Höhen- und Tiefpunkten“ und aus „zusammengenähten Erfahrungen“. Dabei ist alles „Stückwerk, auch religiöse Erziehung.“